Kolumne Lieber Winterspiele 2022 als Fußball-EM 2024

Düsseldorf · Hoffentlich stimmt München am Sonntag für eine neue Bewerbung um die Winterspiele. Von Olympia können Impulse ausgehen, die Deutschland gut gebrauchen kann. Gesellschaftlich mindestens genauso wichtig sind die zugehörigen Paralympics.

Ja klar, die Geldmaschine Profifußball kann die EM 2024 bestens gebrauchen. Das Turnier, um das sich der DFB bewirbt, soll einen Erneuerungsschub für die dann überalterten deutschen Arenen bringen. Und dieser Schub wiederum brächte der Bundesliga einen Wettbewerbsvorteil im Vergleich zum Hauptkonkurrenten England. Den Kollegen von der Insel gönnen Liga und Verband ja herzlich wenig, wie deutlich zu erkennen war, als der deutsche Fußball im Kampf um die WM 2018 lieber die Russen als die Engländer unterstützte.

Es wäre schön, wenn Deutschland wieder ein großes Fußballturnier und die zugehörigen Partywochen bekäme, überlebenswichtig für die Sportart wäre es nicht. Fußball-Höhepunkte gibt es hierzulande genug. 2015 beispielsweise findet das Finale der Champions League in Berlin statt — nur drei Jahre nach dem Münchner "Finale dahoam".

Für andere Sportarten hingegen sind Großereignisse der einzige Weg, um im Bewusstsein der Öffentlichkeit zu bleiben. Deshalb sind es gute Nachrichten, dass die Leichtathleten mit der EM 2018 an die stimmungsvolle Berliner WM von 2009 anknüpfen und dass die Handballer 2019 in Kooperation mit Dänemark ihr "Wenn nicht jetzt, wann dann" von 2007 aufleben lassen.

Die größten vorstellbaren Impulse für den deutschen Sport können Olympische Spiele liefern (nebenbei wären sie ein Signal gegen eine Monokultur des Fußballs). Die Winterspiele zuletzt im kanadischen Vancouver haben gezeigt, wie sich ein ganzes, bis dahin vor allem von regionalen Interessen geleitetes Land hinter der olympischen Idee versammeln kann. Ein anderes Beispiel: Großbritannien, wie Deutschland ein Land des Bewegungsmangels und der Fehlernährung, lernte durch die Sommerspiele im vergangenen Jahr wieder den Sport in seinen vielfältigen Facetten schätzen. Größter Gewinner in London waren aber die Behindertensportler. Die besten Paralympics der Geschichte rückten sie dahin, wo sie hingehören: in die Mitte der Gesellschaft.

Olympische und gerade auch Paralympische Spiele 2022 können für Deutschland mehr leisten als eine Fußball-EM, die bestenfalls ein Abklatsch des sonnenverwöhnten "Sommermärchens" von 2006 werden kann. Hoffentlich sehen das die Bürger in Bayern, die morgen über die Münchner Bewerbung abstimmen, genauso.

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(RP)
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