Dabei sein ist alles Mitfiebern in Reinform

Pyeongchang/Düsseldorf · Doping und Korruption zum Trotz begeistern sich Millionen für Olympia. Und das in ungezwungenem Patriotismus, der dem Fußball inzwischen fremd ist.

 Alexander Kruschelnizki (links) und Anastassija Brysgalowa.

Alexander Kruschelnizki (links) und Anastassija Brysgalowa.

Foto: dpa, nic

Es gibt nicht gerade wenige Menschen, die das Vertrauen in das System Sport verloren haben. Das ist schon eine ziemlich verlotterte Welt. Korrupt. Kriminell. Um keine Möglichkeit verlegen zu betrügen. Mal im Kleinen, mal im Großen. Windige Funktionäre. Unehrenhafte Athleten. Es gibt viele Gründe, sich angeekelt abzuwenden. Die Russen sind im großen Stil aufgeflogen. Und die anderen? Die Olympischen Spiele sind ganz bestimmt keine heile Welt. Ist es nicht anderseits auch unredlich, alle unter Generalverdacht zu stellen?

Die sehr soliden TV-Quoten bei ARD und ZDF legen den Verdacht nahe, dass sich die Skepsis in engen Grenzen hält - Millionen haben hierzulande unter anderem mitverfolgt, wie die Eishockey-Nationalmannschaft Historisches geleistet hat. Und Millionen haben Team Deutschland durch die anderen Wettbewerbe begleitet. Deutschland ist in den vergangenen zwei Wochen in keinem Ausnahmezustand gewesen, es hat sich nicht verkleidet, wie es regelmäßig geschieht, wenn die Fußballnationalmannschaft bei einer Europa- oder Weltmeisterschaft um den Titel spielt. Keine schwarz-rot-goldene Fähnchen an den Autos, keine geschmückten Fenster, keine Fans im Trikot bei der Arbeit.

Und dennoch und vielleicht gerade deshalb gab es eine viel ungezwungenere, ehrliche Unterstützung für die Athleten. Man empfindet Stolz, wenn ein deutscher Sportler auf dem Treppchen steht, man freut sich für ihn, wenn er sich seine Träume erfüllt. Man leidet mit ihm, wenn er scheitert, erkennt aber auch an, dass der Konkurrent an diesem Tag besser war. Es gibt keinen Fanclub, initiiert von einem Sponsor, der einem sagt, wann man sich zu freuen hat. Das bekommen echte Sportfans überraschenderweise sehr selbstständig hin.

Was bleibt hängen von Sportlern, die alles gegeben haben - ein ganzes Leben lang. Bereiten wir ihnen einen großen Bahnhof, werden Marktplätze gesäumt sein mit Zuschauern, die ihren Olympiahelden ob aus Bayern, Sachsen oder NRW zujubeln? Es wird vielleicht Verdienstorden geben. Einträge in Goldene Bücher. Aber viele ihrer Gesichter wird man nach kurzer Zeit wieder vergessen. Sie werden dann weitgehend unbeobachtet weiter für ihre Träume kämpfen. Das ist unfair, aber das ist die Realität. Was ein Land seinen Sportlern geben kann, ist vor allem Respekt. Und eine finanzielle Basis, die es ihnen ermöglicht, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Ihren Sport.

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(gia)
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