Olympia-Exoten Der Jamaika-Bob wird gefeiert wie ein Sieger

Sotschi · Zuerst feierten die Russen eine kleine Reggae-Party, dann stürzte sich die Pressemeute auf die Exoten, und am Ende adelte Fürst Albert von Monaco das wohl berühmteste Bobteam der Welt: Der Zweierbob aus Jamaika hat bei seinem mit Spannung erwarteten Olympia-Comeback zwar nur den 29. Platz unter den 30 Teams belegt, wurde aber gefeiert wie ein Sieger.

Der Jamaika-Bob: "Cool Runnings" in Sotschi
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Foto: afp, rix/tlr

"Das sind coole Jungs, sie sind eine Bereicherung für den Sport", sagte Fürst Albert, der vor seiner Thronbesteigung selbst fünfmal (1988 bis 2002) als Bobfahrer bei Winterspielen am Start gewesen war, und fachsimpelte genüsslich mit Jamaika-Pilot Winston Watts.

Gegenseitige Liebe

Der extrovertierte 46-Jährige genoss den Trubel sichtlich, durch die Jamaika-Flaggen auf der Tribüne fühlte er sich sogar ein bisschen heimisch. "Alle Menschen hier lieben uns, und wir lieben sie auch", sagte Watts: "Ob wir nun Erster oder Letzter werden ist egal. Wir sind glücklich, hier zu sein, und in Jamaika sind sie froh, dass wir das Rennen ohne Sturz beendet haben."

Deutsche Bob-Piloten starten katastrophal
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Das war im Kult-Film "Cool Runnings", der lose auf der tatsächlichen Olympia-Premiere des Jamaika-Bobs 1988 in Calgary basiert, anders. Dort trugen die anfangs belächelten, dann gemobbten und am Ende gefeierten Athleten nach einem Sturz ihren Schlitten auf den Schultern über die Ziellinie.

So ein Abgang hätte Watts sicher auch gefallen, doch er war auch froh, dass er und sein Anschieber Marvin Dixon ihre "Rodeo-Fahrten" im Sanki Sliding Center heil überstanden hatten. Dass der Jambob bei seiner ersten Olympia-Teilnahme seit 2002 nicht Letzter wurde, verdankte er zwar nur der Aufgabe des serbischen Teams, aber mit Zahlen hielt man sich nicht lange auf. Die Karibik-Combo hatte eine wichtigere Mission.

"Man braucht keinen Schnee für Wintersport"

"Ich hoffe, wir haben ein Signal an alle kleineren Länder geschickt: Man braucht kein Schnee, um Wintersport zu betreiben", sagte Watts, der den Jamaika-Bob schon 1994, 1998 und 2002 bei Olympia steuerte. In der Euphorie schloss er auch einen Start in vier Jahren in Pyeongchang nicht aus. Er wäre dann 50 Jahre alt. "Es waren nicht meine ersten Spiele und es werden vielleicht auch nicht meine letzten gewesen sein", sagte Watts.

Daran glaubt David Vehreschild, der deutsche Manager des Teams, zwar nicht, an eine langfristige Zukunft des Jambobs dagegen schon. "Sotschi soll kein einmaliges Abenteuer sein", sagte der Düsseldorfer, der lange mit finanziellen Sorgen zu kämpfen hatte. Erst eine "Crowdfunding" (Schwarmfinanzierung) übers Internet rettete den Olympiastart der Lieblinge der Sportfans.

Wenn alles nach Plan läuft, wird auch bei der kommenden WM 2015 in Winterberg ein Jamaika-Bob teilnehmen. In zwei Wochen gehen die Eis-Exoten aber vielleicht schon bei der Wok-WM von TV-Moderator Stefan Raab an den Start. Auch mit Schüsseln unterm Hintern dürften ihnen die Sympathien nur so zufliegen.

(sid)
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