Kraftpakete mit Unterhaltungswert Keiner wirft sein Handy so weit wie Anschieber Hübenbecker

Sotschi · Die Anschieber sind die "PS-Monster" im Bobsport. Muskelbepackt, voller Adrenalin – und oft mit einem hohen Unterhaltungswert.

 Bob-Anschieber stehen immer etwas im Schatten ihrer Piloten, haben aber häufig sehr interessante Geschichten zu erzählen.

Bob-Anschieber stehen immer etwas im Schatten ihrer Piloten, haben aber häufig sehr interessante Geschichten zu erzählen.

Foto: dpa, nic

Die Anschieber sind die "PS-Monster" im Bobsport. Muskelbepackt, voller Adrenalin — und oft mit einem hohen Unterhaltungswert.

Kevin Kuske ist schneller als Usain Bolt, Marko Hübenbecker war mal Weltrekordler im Handy-Weitwurf, und Lolo Jones macht das komplette US-Team verrückt: Die Bob-Anschieber stehen immer im Schatten ihrer Piloten, haben aber oft die viel interessanteren Geschichten zu erzählen. Auch in den deutschen Schlitten sitzen bei Olympia in Sotschi einige extrovertierte Typen.

Der wohl bekannteste und zugleich erfolgreichste Anschieber ist Kevin Kuske. Das 116-kg-Kraftpaket hat nicht nur genügend Power im Oberkörper, sondern auch in den Beinen. Beim viermaligen Olympiasieger wurde einmal auf den ersten 30 Metern eine Zeit von 3,69 Sekunden gestoppt - damit war er sogar schneller als Sprint-König Bolt beim Olympiasieg 2008 in Peking (3,78). Andre Lange, den Kuske zum erfolgreichsten Olympia-Piloten der Geschichte geschoben hat, schwärmte einst: "Ich habe das Glück, die meisten PS hinter mir zu haben."

Weltklasse mit Bob und Handy

Stark ist auch Zwei-Meter-Hüne Marko Hübenbecker. Keiner kann sein Mobiltelefon so weit werfen wie der Anschieber von Vierer-Weltmeister Maximilian Arndt. Der gebürtige Anklamer holte sich vor ein paar Jahren mit 83,32 Metern den Weltrekord im Handy-Weitwurf nach finnischer Version, also ohne Akku. "Ich bin immer auf der Suche nach Gaudi-Wettkämpfen", sagt Hübenbecker.

Christian Poser mag es bedächtiger. "Singen, malen, wandern" - diese Hobbys sind in der Verbands-Broschüre für den Anschieber von Thomas Florschütz aufgelistet. Dennoch zieht der Potsdamer seit geraumer Zeit die Aufmerksamkeit auf sich, denn Poser ist mit der amerikanischen Top-Pilotin Jamie Greubel verlobt, die in Sotschi Bronze gewann. Im Sommer soll geheiratet werden.

741,84 Dollar für eine Saison im Bob

Nicht auf der Gästeliste wird wohl Greubels Teamkollegin Lolo Jones stehen. Die Diva polarisiert wie wohl keine andere Anschieberin vor ihr. Die frühere Hürden-Sprinterin, die bei den Sommerspielen in London den vierten Platz belegt hatte, liefert seit ihrem Wechsel von der Tartanbahn in den Eiskanal zuverlässig einen Skandal nach dem anderen.

Vor allem ihr ins Internet gestelltes Sechs-Sekunden-Video sorgte für helle Aufregung. Jones präsentierte darin einen Check des Verbandes in Höhe von 741,84 Dollar, eine Art Aufwandsentschädigung für ihre Premieren-Saison, und lästerte: "Sieben Monate für eine Saison im Bob?! Für eine gesamte Saison?! Das ist alles?!" Für Vierer-Olympiasieger Steven Holcomb war das "ein Schlag ins Gesicht" für jeden anderen Athleten.

Im Sommer machte Jones mit einer angeblichen Bar-Schlägerei Schlagzeilen, bei der sie sich mit der Stieftochter des früheren Bobfahrers Tony Carlino geprügelt haben soll. Der US-Verband drückte aber erneut ein Auge zu und verzichtete auf eine Strafe.

Dass sie überhaupt bei Olympia starten durfte, sorgte teamintern für helle Aufregung. Unterlegene Anschieberinnen warfen dem Verband vor, die exzentrischen Jones nicht aus sportlichen Gründen, sondern wegen ihres Vermarktungswertes nominiert zu haben. Nach ihrem enttäuschenden 11. Platz im Frauen-Rennen ätzte Bobfahrer Chuck Berkeley via Twitter: "Ich hoffe, die Marketing-Dollars waren es wert."

Absolutely no doubt that @KatieEberling would have done better for USA3. Hope the marketing dollars were worth it. #merit #Olympics2014

(sid)
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