Olympische Spiele in Pyeongchang Tage der Entscheidung für Russland

Düsseldorf · Anfang Dezember verkündet das IOC wohl, ob es russische Sportler von den Olympischen Spielen in Pyeongchang ausschließt. Vorher schon entscheiden Welt-Anti-Doping-Agentur und Leichtathleten, ob sie ihren Bann aufheben.

Russischer Dopingsumpf: eine Chronologie
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Foto: dpa, mr nic sup gfh

Dürfen russische Athleten an den Winterspielen von Pyeongchang im Februar teilnehmen? Diese Frage beschäftigt den internationalen Sport wie keine zweite. In den kommenden drei Wochen wird sich die Antwort etappenweise nähern, denn bevor das Internationale Olympische Komitee (IOC) wohl Anfang Dezember bekanntgibt, welche Konsequenzen es aus dem russischen Dopingskandal zieht, entscheiden die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) sowie der Internationale Leichtathletik-Verband (IAAF), ob sie ihren jeweiligen Bann aufheben.

Ist davon auszugehen, dass die Wada auf ihrer morgigen Sitzung in Seoul die Sperre der russischen Anti-Doping-Agentur (Rusada) aufhebt? Die ARD will erfahren haben, dass der im November 2015 ausgesprochene Bann über die Rusada bestehen bleibt. Den hatte die Wada ausgesprochen, weil sie zunächst 2015 in den Untersuchungen ihres Ermittlers Richard Pound und dann im 2016 vorgestellten "McLaren-Report" Beweise für systematisches und staatlich organisiertes Doping sah. In diesem Sommer hatte die Wada den Russen zwar attestiert, seitdem einiges unternommen zu haben, um ihren Anti-Doping-Kampf zu reformieren, aber eine Forderung lehnt man in Moskau weiter ab: die Anerkennung der Ergebnisse des McLaren-Reports und damit das Geständnis, ein flächendeckendes Dopingsystem betrieben zu haben. Inzwischen ist die Wada nach eigener Aussage auch im Besitz aller russischen Doping-Testdaten zwischen Januar 2012 und August 2015. Diese Daten sollen den McLaren-Bericht untermauern.

Was sagen die Russen selbst? Sie leugnen staatlich organisiertes Doping. Die oberste Ermittlungsbehörde fand in ihren Untersuchungen und Befragungen keine Hinweise darauf. Wenn, müsse es sich um individuelle Verfehlungen handeln.

Warum ist es in einem Olympia-Winter relevant, ob die IAAF russische Leichtathleten wieder starten lässt? Weil die Leichtathletik die Sportart war, für die die ARD-Dokumentation "Geheimsache Doping" Ende 2014 systematisches Doping in Russland aufdeckte. Und weil die IAAF daraufhin im November 2015 entschieden hatte, russische Athleten komplett von internationalen Wettkämpfen auszuschließen. Bei der WM in London im August durften lediglich 19 als sauber anerkannte Russen als neutrale Athleten starten. Die IAAF entscheidet am 26. November in Monaco, ob der russische Verband gesperrt bleibt und kündigte bereits an, sich an der Wada-Entscheidung zu orientieren.

Wie wird das IOC am Ende entscheiden? Das ist derzeit nicht vorhersehbar. Das IOC stuft die Beweise des McLaren-Reports aus juristischer Sicht als unzureichend ein. Deswegen rief es zwei eigene Kommissionen ins Leben: die Oswald-Kommission prüft Fälle manipulierter Proben der Winterspiele 2014 in Sotschi. Erste Sanktionen wurden bereits verhängt. Die Schmidt-Kommission untersucht, welche Rolle der russische Staat beim Doping-Betrug spielte. Bis Ende November sollen Ergebnisse vorliegen. Auf seiner Sitzung in Lausanne vom 5. bis 7. Dezember könnte das IOC in Sachen Russland entscheiden.

Doch egal, wie das IOC entscheidet, es wird Kritik hageln. Schließt es die Russen in Pyeongchang komplett aus, bringt IOC-Präsident Thomas Bach Russlands Präsident Wladimir Putin gegen sich auf. So werden dann neben der Option eines Banns dem Vernehmen nach auch eine Geldstrafe und ein Olympia-Start Russlands unter neutraler Fahne diskutiert. Für letzteren Fall drohte Russland schon mal mit Boykott. Lehnt das IOC - wie vor Rio 2016 - einen Komplett-Ausschluss indes ab, bringt es die gesamte Sportwelt gegen sich auf, weil es in den Augen vieler klarste Beweise für Doping-Betrug sportpolitischen Überlegungen unterordnet.

Es sind Tage der Entscheidung. In erster Linie für Russland. Aber genauso für den weltweiten Sport.

(RP)
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