Die Spiele in der Krise Olympische Endspiele

Düsseldorf · Olympia drohen die Ausrichterstädte auszugehen. Horrende Kosten schrecken ab, Korruption und Doping stoßen ab. Bürger stimmen gegen mögliche Bewerbungen. Die olympische Bewegung in Deutschland fordert ein Umdenken.

Olympia 2018: Olympisches Feuer entzündet
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Olympia 2018: Olympisches Feuer entzündet

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Foto: afp

Wenn es noch Symbolik brauchte, um die Krise der Olympischen Spiele zu betonen, dann lieferte sie gestern das griechische Wetter. Ein wolkenbedeckter Himmel und Regentropfen über dem Heiligen Hain im antiken Olympia störten die perfekt choreographierte Show, bei der mittels Parabolspiegel die Sonne das Olympische Feuer entzünden sollte. Stattdessen wurde das bei der Generalprobe eingesetzte Ersatzfeuer genutzt.

Schwarzmaler unken, vielleicht müsse man bald gar kein Feuer mehr in Olympia entzünden, weil immer weniger für die Olympische Idee brennen. Korruptionsvorwürfe gegen Funktionäre, ein hilflos wirkender Anti-Doping-Kampf und der frappierende Rückgang an Bewerberstädten - all das fügt der olympischen Bewegung Schaden zu. Exemplarisch hier ein Blick in einige Schlagzeilen der vergangenen Tage:

Winterspiele 2026: Tiroler sagen Nein zu Olympia +++ Schweizer Olympiabewerbung wird von vielen Abgeordneten abgelehnt +++ Brisante Mails: Tokio 2020 rückt weiter ins Zwielicht +++ Experte zieht Schlussstrich: "Doping-Tests sind ideologische Maßnahmen".

Bei denen, die die Olympische Bewegung ihrer Werte wegen fördern, schrillen die Alarmglocken. "Es wäre in der Tat sehr traurig, wenn das IOC nicht die Zeichen der Zeit erkennen und höchste Anstrengungen unternehmen würde, um die gesellschaftliche Diskussion um das Faszinosum Olympia wieder in die richtige Richtung zu lenken. Dies erfordert jedoch kritische Reflexion und durchaus etwas Demut, gepaart mit transparenten und tatsächlich greifbaren Aktionen", sagt Christian Tröger. Der 48-Jährige ist ehemaliger Weltmeister und Olympiamedaillengewinner im Schwimmen, promovierte zum Thema "Olympia - Im Spannungsfeld von Mythos und Markt" und ist heute Vizepräsident der Deutschen Olympischen Gesellschaft (DOG). Die DOG ist ein eigener Verband innerhalb des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und sagt von sich, sie setze "sich für die Verbreitung des Olympischen Gedankens in Sport und Gesellschaft ein".

Die Zeichen der Zeit lassen das IOC aktuell ohne verlässlichen Kandidaten für die Winterspiele 2026 dastehen. Schon für 2022 setzte sich Peking allein nur gegen Almaty aus Kasachstan durch. Mit der Agenda 2020 wollte man 2014 den Bewerbungsprozess verschlanken, Kosten und Größenwahn reduzieren und Nachhaltigkeit der Olympiastätten fördern. Als die Tiroler nun Olympia ablehnten, veröffentlichte das IOC einen Plan für ein deutlich vereinfachtes Bewerbungsverfahren. Dies hatte das IOC bereits im Juli und September beschlossen. Tröger sagt: "Ich glaube nicht, dass die Bemühungen um weniger gigantische Spiele und die hiermit einhergehenden - oftmals finanziellen - Bedenken in der Öffentlichkeit wirklich schon ,angekommen' sind. Der Vorwurf hat sich zu stark und vor allem negativ in die Köpfe der Bürger eingebrannt. Für einen Imagewandel bedarf es meines Erachtens daher keiner stillen Reförmchen, sondern massiver Maßnahmen: erlebbar, glasklar und umfassend. Olympia muss in den Köpfen neu positioniert werden."

Mit der Doppelvergabe der Sommerspiele 2024 (nach Paris) und 2028 (Los Angeles) erkaufte sich das IOC in den Augen vieler Zeit. Zeit, um die Probleme im Innern anzugehen und eine neue Begeisterung für Olympia sowie das Image als Gastgeberstadt zu wecken. Damit 2026 nicht die ersten Olympische Endspiele werden und 2030 niemand mehr den Hut in den Ring wirft.

Was bliebe dann? Sollen Spiele dann nur noch in Länder gehen, in denen die Bürger nicht mitreden dürfen? Soll Olympia an ganze Länder gehen statt an einzelne Spiele? Oder im Turnus an drei, vier Städte, die das IOC dann bei der Errichtung und Instandhaltung der Wettkampfstätten unterstützt? Dem letzten Punkt kann Tröger zumindest teilweise etwas abgewinnen. "Die Idee geht insofern in die richtige Richtung, als nur noch Standorte den Zuschlag erhalten sollten, die infrastrukturell, sportfachlich, politisch, finanziell und klimatisch vernünftige Bedingungen vorweisen können. Eine strikte Beschränkung auf drei oder vier Städte halte ich allerdings für falsch und würde dazu anraten diesen Aspekt differenzierter zu betrachten", sagt er.

(klü)
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