Paralympics Schönfelder wird Vater während Gold-Abfahrt

Whistler (RPO). Besser geht nicht: Als Gerd Schönfelder nach seinem Rekord-Lauf zum letzten Mal in seiner Karriere zur Siegerehrung bei Paralympics schritt, tönten plötzlich "Papa, Papa"-Rufe aus dem deutschen Block. Schönfelder erhielt Gold, sein 16. bei Paralympics, für den Sieg in der Super-Kombination, "aber heute habe ich meine eigene Super-Kombination geschafft", sagte er schmunzelnd. Er meinte: Gold, Rekord und die Geburt des zweiten Kindes.

 Gerd Schönfelder konnte sein Glück kaum fassen.

Gerd Schönfelder konnte sein Glück kaum fassen.

Foto: KEYSTONE, AP

Denn dank des kleinen Leopold erlebte der 39-Jährige den wohl schönsten Tag seines bewegten Lebens. Einen Tag, so drückte er es selbst aus, "den es so in der Realität eigentlich gar nicht geben kann. Einen Tag, an dem man sich fragt, ob man nicht träumt. An dem einfach alles passt."

Kollege Martin Braxenthaler, Hausgenosse von Schönfelder in Whistler meinte: "Das ist für Gerd über den Hype dieser Paralympics hinweg noch einmal der Gipfel. Jetzt soll er erst mal heimkommen und sich an seinem gesunden Jungen freuen, und dann muss er eine Party geben, dass es rauscht."

Als Schönfelder um 10.20 Uhr kanadischer Zeit zum Super-G-Lauf startete, kämpfte sich sein Sohn gerade ans Licht der Welt. 18.30 Uhr, also 10.30 Uhr deutscher Zeit, lautet die offizielle Geburtszeit. "Und damit nicht genug", meinte der stolze Papa: "Er wiegt 3390 Gramm. Also fast aufs Gramm genau so viel wie die fünf Medaillen, die ich gewonnen habe."

"Während der Gerd da runtergelaufen ist, kam aus irgendeinem Kreißsaal in Bayern ein Anruf", erzählte Friedhelm Julius Beucher, der Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS): "Die Frau hat eben gemeint, zu so einem Sieg gehört auch ein Bub."

Ein verrückter Tag, irgendwie passend zu einem außergewöhnlichen Leben. Das sich mit 19 schlagartig änderte, als Gerd auf einen fahrenden Zug aufsprang, abrutschte und überrollt wurde. Er überlebte, verlor aber seinen rechten Arm. Doch er ließ sich nicht unterkriegen, seit Samstag ist er der erfolgreichste deutsche Alpin-Athlet bei Paralympics.

Und auch Kinder unter normalen Umständen bekommen, ist offenbar nicht das Ding der Schönfelders. Als Ehefrau Christina am 6. Juli 2007 die Erstgeborene Emilia zur Welt brachte, war Gerd ebenfalls im Stress. Als Schirmherr der Veranstaltung "Kulmain - Ein Sommermärchen" organisierte er die 80-Jahr-Feier des Sportvereins.

Felix Neureuther spielte Fußball, sogar Franz Beckenbauer grüßte per Videobotschaft. Doch der Schirmherr verbrachte den Tag vor der Feier im Kreißsaal. Und als Beckenbauer auf der Leinwand grüßte, feierte ganz Kulmain die Geburt der kleinen Emilia.

Damals war der Papa wenigstens dabei. Dennoch hat er noch einen Wunsch: "Noch ein Kind kriegen und zeigen, dass wir es auch unter normalen Umständen können." Dem kleinen Leo, ("Der Kühne, vielleicht wird er ja mal so kühn wie ich") hatte Schönfelder sicherheitshalber schon einmal die erste Goldmedaille in Vancouver gewidmet. Umso froher ist er, dass es letztlich vier wurden. "Die zweite und dritte waren für meine Frau und meine Tochter. Und jetzt hab ich sogar auch noch eine für mich", meinte er schmunzelnd.

Erfahren hat er von der Geburt des Sohnes erst lange nach Ende seines Laufes. "Meine Frau hat vor dem Rennen gesagt, sie geht zum Tischtennis, weil sie mich nicht ablenken wollte", meinte er: "Als ich danach angerufen habe, wusste sie gar nicht, wie es ausgegangen ist. Das hat mich gewundert, und dann hat sie mir gesagt, dass es noch eine Überraschung gibt."

Schönfelder stellte durch sein 16. Gold den deutschen Rekord von Reinhild Möller ein, zudem hat er mit 22 Medaillen bei Paralympics so viele gewonnen wie kein anderer deutscher Athlet. "Gerd kam mit einem guten Gefühl hierher", sagte Braxenthaler: "Und er kehrt mit einem noch besseren zurück."

(SID/rl)
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