Entthronter Pluschenko ist wütend Russe fühlt sich um Olympiasieg betrogen

Vancouver (RPO). Der neue Eiskunstlauf-Olympiasieger Evan Lysacek begann gerade, mit feuchten Augen und stolzem Blick die US-Flagge zu schwenken, da verließ sein Vorgänger Jewgeni Pluschenko bereits wutentbrannt die Eisfläche des Pacific Coliseum.

 Fühlt sich als wahrer Sieger: Jewgeni Pluschenko.

Fühlt sich als wahrer Sieger: Jewgeni Pluschenko.

Foto: AP, AP

"Ich dachte, es war genug, und es hätte auch genug zum Gewinnen sein müssen", sagte der blonde Russe über seine eigene Leistung und schüttelte nur verständnislos den Kopf.

Wie ein trotziges Kind wollte der Europameister nicht wahrhaben, dass ihm der sonnenbankgegerbte Kalifornier mit der Familienpackung Gel im Haar das goldene Comeback vermasselt hatte. Lysacek legte eine fehlerfreie Kür, wenn auch ohne Vierfachsprung, vor und setzte seinen Rivalen damit immens unter Druck. Und der Top-Favorit zeigte Nerven, hatte bei zwei Sprüngen Landeprobleme und verspielte damit seinen knappen Vorsprung aus dem Kurzprogramm.

Vor 11.689 Zuschauern taxierten die Preisrichter die getragene Eleganz Lysaceks höher als die wuchtige Dynamik Pluschenkos, dessen nach wie vor einzigartige Kombination aus vierfachem und dreifachem Toe-Loop eingeschlossen. Und sich dafür zu entschuldigen, sah der Weltmeister keinen Anlass: "Ein vierfacher Sprung ist natürlich ein schwieriges Element, aber nur ein Bestandteil einer kompletten Kür."

Da prallten eben zwei Kufenwelten aufeinander, diesmal mit dem besseren Ende für den Künstler Lysacek, der Sportler Pluschenko sah sich aber ungeachtet seiner Niederlage als moralischer Sieger: "Ich bin nur ein einfacher Eiskunstläufer, aber ich denke, die Entwicklung muss immer weitergehen. Dreifache Sprünge habe ich schon als Zwölfjähriger gemacht."

Und befeuert von seiner hemmungslos schluchzenden Ehefrau Jana legte der Ex-Weltmeister verbal noch einmal nach: "Ein Olympiasieger ohne Vierfach-Sprung, ich weiß ja nicht.... Das ist kein Herren-Eiskunstlauf mehr, das ist Tanzen." Sprach's und verschwand mit seiner XXL-Blondine im Arm in die Nacht von Vancouver.

Lysacek hingegen zog sich zum Feiern mit seinem Coach Trainer Frank Carroll zurück, nicht ohne vorher den Senior der arrivierten Eiskunstlauftrainer über den grünen Klee zu loben: "Von ihm habe ich nicht nur das Eiskunstlaufen, sondern auch das Siegen gelernt."

Eine solche Mentalität möchte in Zukunft auch Stefan Lindemann seinen Schützlingen vermitteln. Geplagt von Rückenschmerzen und Achillessehnenbeschwerden schloss der Berliner seine mehr als zehnjährige internationale Karriere mit einem 22. Platz ab. "Das ist schon ein bisschen unbefriedigend, aber ich war immerhin noch einmal bei Olympia dabei", sagte der 29-Jährige, der nahtlos die Seiten wechseln und Trainer werden will.

Mehr als eine Kampfkür war für den WM-Dritten von 2004 angesichts seiner gesundheitlichen Probleme einfach nicht drin, Rang 17 aus dem Kurzprogramm nicht zu halten. Trainerin Viola Striegler jedenfalls hatte größten Respekt vor ihrem Schützling: "Das war eine unglaubliche Energieleistung, die Stefan da noch einmal abgeliefert hat."

(SID/spo)
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