Putin soll nichts gewusst haben Russische Anti-Doping-Agentur gesteht systematisches Doping

New York · Russland hat erstmals von offizieller Seite ein systematisches Doping bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi zugegeben. Wladimir Putin soll davon jedoch nichts gewusst haben.

Russischer Dopingsumpf: eine Chronologie
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Foto: dpa, mr nic sup gfh

Anna Antseljowitsch, die Chefin der nationalen Anti-Doping-Agentur Rusada, sagte in einem Gespräch mit der New York Times, es habe sich um eine "institutionelle Verschwörung" gehandelt. In diese seien allerdings oberste Regierungskreise um Staatspräsident Wladimir Putin nicht eingeweiht gewesen.

Ein ranghoher Mitarbeiter der Rusada habe in Sotschi systematisch Urinproben vertauscht und die Athleten mit leistungssteigernden Substanzen versorgt, sagte Antseljowitsch. Mitarbeiter der staatlichen Sicherheitsbehörden und des Geheimdienstes FSB hätten nach Bedarf Flaschen mit Urinproben aufgebrochen und ausgetauscht. Zudem habe ein langjähriger ranghoher Mitarbeiter des Sportministeriums angeordnet, gedopten Athleten rechtzeitig verschleiernde Substanzen zur Verfügung zu stellen.

Russlands Sport hatte nicht erst nach dem zweiten McLaren-Report Anfang Dezember endgültig seine Glaubwürdigkeit verloren. Der Report stellt fest, dass über 1000 russische Athleten in 30 Sportarten von der systematischen Doping-Vertuschung profitiert haben sollen. Gesteuert wurde das System vom russischen Sportministerium, was Anna Antseljowitsch nun bestätigte.

Allerdings geht es in dem McLaren-Report bei weitem nicht nur um Sotschi 2014. Betroffen gewesen seien unter anderem außerdem die Olympischen Sommerspiele in London 2012 und die Leichtathletik-WM 2013 in Moskau, heißt es darin. Es habe eine "institutionalisierte Strategie zur Medaillenbeschaffung in Sommer- und Wintersportarten" gegeben, sagte McLaren.

Zum Beweis veröffentlichte McLaren 1166 Dokumente, die er während der Untersuchung sicherstellen konnte. Darunter Fotos, forensische Berichte und E-Mails. Dies seien, so McLaren, "unzweifelhafte Fakten".

Die Untersuchungen von McLaren waren im Mai durch Enthüllungen des ehemaligen Leiters des Moskauer Anti-Doping-Labors, Grigori Rodtschenkow, ins Rollen gekommen. Bereits der erste Teil des McLaren-Reports hatte die Aussagen im Juli bestätigt.

Russland droht damit 2017 zur spitzensportlichen Diaspora zu werden. Mittlerweile sind es bereits fünf Großereignisse, die in dem Riesenreich geplant waren, nun aber woanders stattfinden. Das Skilanglauf-Weltcupfinale in Tjumen (16. bis 19. März), das Eisschnelllauf-Weltcup-Finale in Tscheljabinsk (10. bis 12. März), der Biathlon-Weltcup in Tjumen (9. bis 12. März 2017) sowie die Junioren-WM der Skijäger im Februar in Ostrow hat Russland ebenso verloren wie die in Sotschi geplante Bob- und Skeleton-WM, die nunmehr am Königssee stattfindet.

Auch das Internationale Olympische Komitee (IOC) reagierte auf die Enthüllungen. In enger Zusammenarbeit mit den internationalen Fachverbänden hat das IOC konkrete Ermittlungen gegen russische Sportler eingeleitet und Nachtests der Olympia-Dopingproben bis Vancouver 2010 angeordnet.

Einen Tag vor Heiligabend suspendierte der Ski-Weltverband FIS sechs namhafte russische Skilangläufer, darunter Sotschi-Olympiasieger Alexander Legkow.

(sid)
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