WM-Straßenrennen Belgier Gilbert siegt — Degenkolb wird Vierter

Valkenburg · Als sich Klassikerkönig Philippe Gilbert bereits lässig als neuer Weltmeister feiern ließ, sprintete John Degenkolb als Vierter nur noch zu Blech. Trotz einer starken Vorstellung hat der Hoffnungsträger aus Gera bei den Wettkämpfen in den Niederlanden das Podium und die erste Goldmedaille bei einem WM-Straßenrennen seit 46 Jahren verpasst.

 Vierter Platz für John Degenkolb.

Vierter Platz für John Degenkolb.

Foto: dapd, Lalo R. Villar

Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) blieb damit auch im letzten Straßenrennen der WM ohne das erhoffte Edelmetall, nachdem zuvor bereits die Frauen und die Nachwuchsfahrer gescheitert waren.

Gilbert hatte in der letzten von zehn Runden am Cauberg, der bei fast allen Rennen zuvor zur Schlüsselstelle geworden war, die entscheidene Attacke gesetzt. Rund drei Kilometer vor dem Ziel setzte sich der Belgier ab und konnte von seinen Verfolgern nicht mehr gestellt werden. Mit vier Sekunden Rückstand sicherte sich Edvald Boasson Hagen aus Norwegen Silber vor dem Spanier Alejandro Valverde (+5).

Gilbert löste den britischen Top-Sprinter Mark Cavendish ab, der angesichts des schweren Kurses vorzeitig vom Rad gestiegen war. "Ich kann das kaum realisieren. Wir haben den Sieg verdient, weil wir gut gearbeitet haben. Ich habe die Lücke gesehen und die Situation ausgenutzt", sagte 30-jährige Gilbert, der im kommenden Jahr das prestigereiche Regenbogentrikot tragen darf.

Eine Ausreißergruppe aus elf Fahrern ohne deutsche Beteiligung hatte sich nach der ersten Rennstunde vom Feld gelöst, zu denen sich nach rund 200 km weitere Akteure aufschlossen, darunter auch Vuelta-Sieger Alberto Contador. Durch die starke Nachführarbeit der deutschen Mannschaft, bei der sich besonders Simon Geschke (Berlin) und Johannes Fröhlinger (Gerolstein) verausgabten, wurde die Lücke jedoch zwei Runden vor dem Ende wieder geschlossen.

In Paul Martens (Rostock) und dem deutschen Meister Fabian Wegmann (Münster) hatte Degenkolb bis zuletzt noch zwei Helfer an seiner Seite, die ihn bis zuletzt nach Kräften unterstützten. Das siegreiche Trio war für Degenkolb, der bei der Vuelta fünf Etappensiege gefeiert hatte, aber nicht mehr einzuholen.

Am Samstag hatte Judith Arndt ihre glanzvolle Karriere als beste Deutsche mit Platz acht im Frauen-Rennen beendet. Die Zeitfahr-Weltmeisterin sprintete bei ihrem letzten Auftritt als Profi nach 128,8 km mit dem nachfolgenden Hauptfeld ins Ziel. "Ich bin nicht enttäuscht und froh, dass es vorbei ist", sagte Arndt, die sich bereits vor dem Rennen sicher war, "dass wir nicht zu den Favoriten gehören."

Den Sieg sicherte sich die überragende Olympiasiegerin Marianne Vos, die Gastgeber Niederlande die einzige Goldmedaille bescherte. Arndt, die am vergangenen Dienstag ihren Titel im Kampf gegen die Uhr erfolgreich verteidigt hatte, gewann in ihrer Laufbahn vier WM-Titel sowie drei olympische Medaillen. Die gebürtige Brandenburgerin zieht es nach Australien, wo sie ein Studium der Soziologie und Kulturwissenschaften beginnen will.

Der deutsche Nachwuchs träumt derweil von einer Laufbahn als Radprofi, setzte sich am Wochenende aber nicht in Szene. Die fünf U23-Fahrer um Rick Zabel, dem Sohn der Sprint-Legende Erik Zabel, gingen am Samstag nach 177,1 km leer aus. Den Sieg holte sich Alexej Luzenko aus Kasachstan.

Der 18-jährige Zabel (Unna) fuhr als zweitjüngster von 157 gestarteten Fahrern vor den Augen seiner Eltern auf einen respektablen 36. Platz. "Wir haben als Mannschaft gut agiert, aber vielleicht einen Tick zu viel getan", sagte Zabel. Vater Erik sah ein "schwieriges Rennen", in dem sein Sohn zu kämpfen hatte: "Die Tempoverschärfungen haben ihm Probleme bereitet. Das Finale war sehr hart, in der letzten Runde war es eine Frage der Tagesform.

Am Sonntag verpassten auch die deutschen Junioren die Medaillenränge. Nach 128,8 km setzte sich der Slowene Matej Mohoric im Massensprint durch. Bester Deutscher wurde Phil Bauhaus (Bocholt) auf Rang 13. Die Juniorinnen waren bereits am Freitag leer ausgegangen.

Für den BDR blieb es damit bei drei Medaillen. Tony Martin (Cottbus) und Arndt (Königs Wusterhausen) hatten sich Gold im Zeitfahren gesichert und damit ihre Titel erfolgreich verteidigt, zudem holte Junior Maximilian Schachmann (Berlin) im Kampf gegen die Uhr Bronze. Im Vorjahr in Kopenhagen hatte der BDR fünfmal Edelmetall für sich verbucht. Die letzte deutsche Goldmedaille im Straßenrennen hatte 1966 Rudi Altig gewonnen.

(sid)
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