Bahnrad-WM Deutscher Vierer mit historischer Pleite

Kopenhagen (RPO). Historisches Debakel statt Trendwende, versteinerte Mienen statt Aufbruchstimmung: Der einst so ruhmreiche deutsche Bahn-Vierer entwickelt sich immer mehr zum hoffnungslosen Fall.

 Der deutsche Vierer ist bei der WM abgeschmiert.

Der deutsche Vierer ist bei der WM abgeschmiert.

Foto: AP, AP

Bei der Bahnrad-WM in Kopenhagen erlebte das jahrzehntelange Aushängeschild des deutschen Bahnradsports mit dem zehnten Platz die größte Pleite seit der Wiedervereinigung. Mit mehr als zehn Sekunden Rückstand "bummelte" der Vierer den Top-Nationen hinterher und steht wieder einmal vor einem Scherbenhaufen.

"Das ist ein schwerer Schlag ins Kontor. Das Rennen spiegelt aber nicht unserer wahres Leistungsvermögen wieder", sagte Bundestrainer Andreas Petermann und hielt allen Ernstes an dem Ziel Olympia-Medaille fest. Ob er auf dem Weg Richtung London 2012 aber weiter in der Verantwortung bleiben wird, ist nach dem Desaster fraglicher denn je.

"Der Bundestrainer muss das Ergebnis verantworten. Im April machen wir die WM-Analyse. Ich gehe davon aus, dass er die richtigen Schlüsse daraus zieht und dem BDR ein schlüssiges Konzept vorlegt", sagte ein schwer bedienter BDR-Vizepräsident Udo Sprenger.

4:07,265 Minuten zeigte die Anzeigetafel an, als Robert Bartko (Potsdam), Robert Bengsch, Henning Bommel (beide Berlin) und Patrick Gretsch (Erfurt) nach 4000 Metern gestoppt wurden. Damit blieb Deutschland mehr als zehn Sekunden hinter Olympiasieger Großbritannien zurück - eine halbe Ewigkeit auf dem Holzoval.

Dabei wurde auf der superschnellen Bahn in der Ballerup Super Arena sogar die eigene Zielvorgabe von 4:03 Minuten um vier Sekunden verpasst. Zum Vergleich: Der Weltrekord steht bei 3:53 Minuten. Wie Petermann in den nächsten zwei Jahren daraus einen konkurrenzfähigen Vierer zusammenstellen will, bleibt sein Geheimnis.

"Man sollte ihm eine Chance geben"

"Petermann ist angetreten für vier Jahre mit dem Ziel Olympia-Medaille. Man sollte ihm auch die Chance geben, Fehler zu korrigieren", ergänzte Sprenger. Mit "Fehler" dürfte der BDR-Vize den Einsatz älterer Fahrer wie Sydney-Olympiasieger Robert Bartko meinen. Doch Petermann denkt gar nicht daran, den Altstar auszusortieren: "In meinen Planungen spielt Robert Bartko immer eine Rolle. Es wäre falsch, jetzt über einzelne Fahrer zu urteilen."

Für Konfliktpotenzial ist jedenfalls gesorgt. Bereits im Vorjahr war Bartko auf Druck der BDR-Spitze nicht mit von der Partie, da er seine Konzentration auf die Sechstagerennen gelegt hatte. Der 34-Jährige sieht sich auch in Zukunft als Kopf des Vierers: "Ich rufe doch genauso nach einem Neuaufbau. Die Frage ist doch nur: Wer soll die Lücke schließen? Es ist doch gar kein adäquater Nachwuchs da."

Damit dürfte die Leidenszeit des Vierers weitergehen. Das frühere Flaggschiff, das fünf Olympiasiege und 16 WM-Titel gewann, wartet seit 2002 schon auf eine Medaille in der 4000-m-Mannschaftsverfolgung. Der zehnte Platz war das schlechteste Ergebnis seit der Wiedervereinigung, mit Ausnahme von 2003, als der deutscher Vierer nach einem Boykott nicht an den Start gegangen war.

(SID/seeg)
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