Radsport Nibali hält dem Druck beim " verrückten Giro" stand

Vincenzo Nibali hat sich nach einem Herzschlagfinale zum Sieger des 99. Giro d'Italia gekürt, bei dem auch die deutschen Fahrer eine gewichtige Rolle spielten.

 Vincenzo Nibali hat den Giro d'Italia 2016 gewonnen.

Vincenzo Nibali hat den Giro d'Italia 2016 gewonnen.

Foto: dpa, hm

Befreit von einer Zentnerlast genoss Vincenzo Nibali nach seinem kaum für möglich gehaltenen Comeback jeden Moment. Nach einer fulminanten Aufholjagd in den Alpen rollte der Sizilianer am Sonntag erschöpft, aber sichtbar erleichtert als Gesamtsieger ins Ziel des 99. Giro d'Italia und ließ sich von den radsportverrückten Tifosi im Rosa Trikot trotz Regenwetters gebührend feiern.

Die deutschen Fahrer, die zu den großen Gewinnern der Italien-Rundfahrt zählten, traten am Schlusswochenende noch einmal in Erscheinung, der siebte Etappensieg blieb ihnen aber verwehrt. Sprinter Nikias Arndt (Buchholz/Giant-Alpecin) musste sich am Sonntag im Sprint hinter Lokalmatador Giacomo Nizzolo (Trek) mit dem zweiten Platz zufrieden geben.

Auf Nibali wartete nach einer Triumphfahrt im Ziel in Turin zum zweiten Mal nach 2013 die Trofeo Senza Fine, der gold-geschwungene Giro-Siegerpokal. "Es war ein verrückter Giro, sehr schwierig, strapaziös", sagte Nibali.

Auf den Schultern des 31-Jährigen, im Vorfeld zum Top-Favoriten erklärt, konzentrierte sich die Last der enormen Erwartungshaltung in der Sportnation Italien. Sie wirkte wie ein bleierner Umhang. Nibali agierte auf dem Rad lange zurückhaltend, in den Bergen kassierte er zum Teil schwere Niederlagen. Auf fast fünf Minuten summierte sich der Rückstand zur Spitze vor den letzten beiden Bergetappen. Nibali haderte, Ratlosigkeit machte sich breit. "Ich habe selbst nicht daran geglaubt, dass wir es schaffen", sagte Nibali.

Doch Lo Squalo, der "Hai von Messina", kämpfte. Beim Etappensieg am Freitag im französischen Risoul profitierte er auch vom Sturz des führenden Niederländers Steven Kruijswijk (LottoNL-Jumbo), im Herzschlagfinale am Samstag nahm er dem Kolumbianer Esteban Chaves (Orica-GreenEdge) das Rosa Trikot ab.

Die 163 km lange Schlussetappe wurde so zur erhofften Freudenfahrt. Sein Astana-Team stattete ihn mit einem Rad in rosa-glänzender Sonderlackierung aus, mit seinen Helfern posierte Ex-Tour-Sieger Nibali für die Kameras.

Die Tour ist die Tour ist die Tour. Kein Rennen reicht an das Prestige der großen Schleife heran, auch nicht der Giro. Gleichwohl ist die emotionale Verbundenheit der Italiener zu ihrer Landesrundfahrt weitaus größer. Der Giro d'Italia ist für die Tifosi wie ein dreiwöchiges "Finale dahoam", ohne Verlängerung und Elfmeterschießen. Nibali gelang der Siegtreffer in der Nachspielzeit.

"Italien in Ekstase für den legendären Nibali. Er dreht den Giro mit einer heldenhaften Leistung zu seinen Gunsten. Das ist der schönste Triumph in der Karriere eines einmaligen Radstars", schrieb die Gazzetta dello Sport am Sonntag. Der Corriere dello Sport krönte Nibali zum "König des Giro".

Unbändigen Willen zeigten auch die deutschen Radprofis, die gleich sechs Tageserfolge für sich verbuchten. Die Top-Sprinter André Greipel (3) und Marcel Kittel (2) sowie Bahnradspezialist Roger Kluge sorgten dafür, dass nach knapp einem Drittel aller Etappen ein deutscher Fahrer auf dem Podium stand.

Vor allem die erste Woche stand ganz im Zeichen des Duells zwischen Greipel und Kittel, das bei der Tour im Juli auf großer Bühne fortgesetzt wird. Dass beide vorzeitig aus der Italien-Rundfahrt ausstiegen, lag auch an der Vorbereitung auf die Große Schleife. "Die Zeit hier war wundervoll, die drei Siege hier hinterlassen ein tolles Gefühl. Aber die Saison ist noch lange nicht beendet", sagte Greipel.

(sid)
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