Radsport Mit 42 Jahren - Voigt beendet Karriere

Düsseldorf · Irgendwo im Haus der Familie Voigts in Berlin wird er es vermutlich aufbewahren – das Stück Papier, das den Zwischenstand der Tour de France 2001 nach der sechsten Etappe zeigt.

 Jens Voigt bestreitet in den USA sein letztes Rennen.

Jens Voigt bestreitet in den USA sein letztes Rennen.

Foto: dpa

Irgendwo im Haus der Familie Voigts in Berlin wird er es vermutlich aufbewahren — das Stück Papier, das den Zwischenstand der Tour de France 2001 nach der sechsten Etappe zeigt.

"Dieses Resultat hebe ich auf, damit ich es später meinen Kindern zeigen kann. Dann sage ich, schaut euch das Ergebnis an. Papa ist vor Jan Ullrich", berichtete ein freudestrahlender Jens Voigt. Im Endtableau belegte der gebürtige Mecklenburger Platz 46, Ullrich wurde Zweiter und später des Dopings überführt. Für Voigt hingegen war es eine Momentaufnahme, die ihm ein bisschen Ruhm bescherte. Solche Augenblicke gab es in seiner Karriere nicht häufig. Wenn Voigt in den Sattel stieg, ging es um Kampf, Kraft und unbändigen Willen. Nach 17 Jahren Profi-Radsport endet seine Laufbahn, Ende August stellt Jens Voigt sein Rad ab.

Mit 42 Jahren hat er seinen Körper genug geschunden und ist bei seinen berühmten Ausreißversuchen oft genug über das Erträgliche hinaus gegangen. Damit hat er sich vor allem in den USA Fans gemacht. Dort will er auch seinen Abschied feiern. "Ich habe in den USA die meisten Fans. Warum also nicht hier aufhören?", sagte er. In Deutschland fuhr Voigt immer hinter der großen Euphorie und Sympathie her. Obwohl der deutsche Radsport durch die Doping-Sünden der großen Idole wie Ullrich, Erik Zabel und Co. erschüttert wurde, hatte man hierzulande für den Kämpfer Voigt nicht viel übrig.

Er war nie für ein deutsches Team aktiv. Im Trikot des dänischen Teams CSC wurde Voigt im Jahr 2004 von deutschen Fans an der Strecke sogar als Vaterlandsverräter beschimpft, nachdem er eine Etappe vorher für Ullrich-Konkurrent und Teamkollegen Ivan Basso Tempo gemacht und damit zum Scheitern Ullrichs beigetragen hatte. "Das war offene Feindschaft. Ich hätte absteigen und heulen können", sagte Voigt.

Jens Voigt hatte schon immer seine eigene Meinung zu den gedopten Kollegen. "Wir suchen in Berlin gerade eine Schule mit Bedacht aus, damit unser Sohn nicht mit Drogen in Kontakt kommt und im Beruf seines Vaters nehmen Kollegen Kokain und versuchen, das mit abenteuerlichen Theorien zu erklären. Da fällt man doch vom Glauben ab." Er selbst stand oft im Verdacht, sich die kämpferischen Ausreißversuche mit unerlaubten Mitteln zu ermöglichen, überführt wurde er nie.

So fuhr Voigt weiter auf Angriff und feierte Etappensiege wie Zabel das Grüne Trikot oder Ullrich den Tour-Gesamtsieg. "Es wurde viel vom moralischen Sieger geschrieben. Ich wäre aber lieber ein richtiger Sieger. Deshalb werde ich so lange auf das Glück einprügeln, bis es auf meiner Seite ist", sagte Voigt einmal. Nicht selten waren seine Ausreißversuche erfolglos. In Erinnerung ist ihm da bestimmt die Tour 2000 geblieben. Damals wurde er 200 Meter vor dem Ziel vom Peloton eingeholt, zuvor war er 200 Kilometer alleine vorneweggefahren.

Doch ein Jahr später belohnte er sich nicht nur durch die zwischenzeitliche Platzierung vor Jan Ullrich, sondern auch mit dem ersten Etappensieg bei der Tour. Als die Siegerehrung schon vorbei war, sprang Voigt noch einmal aufs Podest und streckte die Arme in die Höhe. "Der Etappensieg", sagte Voigt, war alles andere als ein leichter: "Das war reine harte Arbeit."

(RP)
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