Tour de France Faszinierend und skandalös

Utrecht · Am Samstag beginnt in Utrecht die 102. Auflage der Tour de France. Am Sonntag erreicht das Feld die holländische Küste. Die Entscheidung fällt in drei Wochen in Alpe d'Huez.

Was Sie vor dem Tour-Start noch wissen müssen
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Foto: dpa, kl sam

Nach Deutschland wagt sich die Tour de France noch nicht wieder. Vor zehn Jahren kam die Frankreich-Rundfahrt zuletzt nach "Allemagne", Karlsruhe und Pforzheim waren die Etappenorte. Seitdem ist viel passiert. Die ganze Sportart war insbesondere durch den T-Mobile-Skandal von 2006 in Ungnade gefallen. Doch der Radsport erholt sich. Tour-Chef Christian Prudhomme schwärmt von "großen Champions" aus Deutschland, wie John Degenkolb, der im Frühjahr die Klassiker Mailand-Sanremo und Paris-Roubaix gewann. Zwei in Deutschland lizenzierte Teams stehen morgen im niederländischen Utrecht am Start: Bora-Argon 18 und Giant-Alpecin. Die ARD überträgt wieder live - im Vergleich zu den Hoch-Zeiten Jan Ullrichs und Erik Zabels allerdings noch mit gebremstem Schaum und ohne erneut als Sponsor einer Equipe aufzutreten. Es wird nicht mehr lange dauern bis zur nächsten Stippvisite von "Le Tour" diesseits des Rhein.

Nun kommt sie zumindest schon auf ein Terrain, das viele Deutsche lieben. Die zweite Etappe endet am Sonntag im Deltapark Neltje Jans in der niederländischen Region Zeeland, also in der Nordsee. Zuschauermassen sind dort eine Woche nach Beginn der Sommerferien in NRW garantiert. Die Rennfahrer werden gegen 17.30 Uhr erwartet.

Tour de France: Die deutschen Träger des Gelben Trikots
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Foto: dpa/Gero Breloer

Der Abstecher auf Meeresniveau ist allerdings nicht charakteristisch für diese Auflage, bei der sich die Rundfahrt von den Niederlanden über Belgien in die Heimat begibt und gegen Uhrzeigersinn durchs Land tourt. Das Hochgebirge - die Pyrenäen und danach die Alpen - prägen die 102. Auflage der großen Schleife. In Utrecht findet gleich zu Beginn das einzige Einzelzeitfahren statt (über 13,8 km), es folgt ein Mannschaftszeitfahren in der Bretagne - das war's mit dem Kampf gegen die Uhr. Den Showdown sieht das Strecken-Layout mit der letzten Bergankunft vor. Morgen in drei Wochen klettert das Feld die 21 Kehren nach Alpe d'Huez hinauf. Dann breitet die Tour ihre ganze Faszination aus - wie fast immer seit ihrer ersten Auflage 1903.

Als Favoriten gelten durchweg Rennfahrer, die ihre besonderen Qualitäten im Gebirge haben. Der in dieser Saison freilich noch nicht sehr stabile Vorjahressieger Vincenzo Nibali (Italien), sein Vorgänger Christopher Froome aus Großbritannien, der Kolumbianer Nairo Quintana und Alberto Contador.

Der Spanier, der in dieser Saison schon den Giro d'Italia für sich entschieden hat, steht auch für eine von Doping belastete Ära. Er gehörte angeblich zu den Kunden des spanischen Blutpanschers Eufemiano Fuentes, außerdem musste er eine zweijährige Sperre absitzen, als Clenbuterol gefunden wurde. Die Gespenster aus der Vergangenheit sind auch bei dieser Tour de France noch überreichlich vorhanden. Nibalis kasachisches Team Astana ist einschlägig belastet, an seiner Spitze steht in Manager Alexander Winokurow auch jemand mit dopingbefleckter Vergangenheit. Und dass Lance Armstrong am 17. und 18. Juli zu einem Wohltätigkeitsrennen jeweils am Tag vor den Tour-Etappen kommt, ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die den schweren, vielleicht sogar aussichtslosen Kampf gegen Doping betreiben. Der Texaner, dem alle sieben Siege wegen Doping aberkannt wurden, steht wie kein anderer für die dunkle Seite dieses Sports.

Experten wie der Heidelberger Werner Franke gehen zwar davon aus, dass weiterhin gedopt werde. Aber nicht mehr so flächendeckend und so plump wie in früheren Jahrzehnten. Mikrodosierungen, die in Analysen kaum nachzuweisen sind, gelten als neueste Errungenschaft der Betrüger. Von denen gibt es hoffentlich weniger.

(RP)
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