Kolumne: Gegenpressing Hooligans am Straßenrand

Morgen endet die Tour de France. Der Brite Chris Froome ist im Gelben Trikot noch nicht in Paris angekommen, schon wird wieder über Doping spekuliert. Überraschend ist das nicht.

Angriffe auf das Fahrerfeld
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Foto: afp, AG

Hooligans hat man bisher immer nur im Umfeld eines Fußballstadions verortet. Dumme Menschen gibt es leider aber auch an vielen anderen Orten. Bei der Tour de France haben sich Krawallmacher zusammengerottet und ihr Unwesen getrieben. Mit einem Becher voller Urin wurde der Gesamtführende Chris Froome beworfen. Am Freitag wurde er bespuckt wie in den Tagen zuvor seine Teamgefährten Richie Porte und Luke Rowe bespuckt. Porte war bereits während der zehnten Etappe Opfer eines Faustschlags in die Rippen geworden. Ein paar Rächer des sauberen Radsports stellten infrage, dass die Angestellten des Rennstalls Sky allein mit legalen Mittel so flink durch die Gegend radeln konnten. Selbstredend sind derartige Grenzüberschreitungen nicht akzeptabel.

Die schlimmsten Täter saßen allerdings einst selbst auf dem Sattel. Die überführten Dopingsünder Lance Armstrong, Jan Ullrich oder Alberto Contador, um nur ein paar Beispiele aus der jüngeren Geschichte zu nehmen, haben für das desaströse Image der Sportart gesorgt. Man musste sich viele Beteuerungen anhören und das allgemeine Bekunden, eine Selbstreinigung hinzubekommen. Doch der Versuch, eine Null-Toleranz-Politik in der Praxis auch umzusetzen, ist immer wieder an Grenzen gestoßen - so wie beim derzeit dominierenden Sky-Team. Der mittlerweile zu einer lebenslangen Sperre verurteilte Arzt Geert Leinders gehörte genauso zur Equipe wie die früheren Dopingsünder Bob Julich und Steven de Jongh, die als sportliche Leiter tätig waren.

Der Verdacht radelt immer mit. Jeder, der Außergewöhnliches bei der Tour leistet, sieht sich gleich dem Misstrauen von großen Teilen des Publikums und der Experten ausgesetzt. Der Pariser Sportphysiologe Pierre Sallet hatte in der TV-Sendung "Stade 2" Werte von 7,04 W/kg beim 30-jährigen Froome errechnet und damit Parallelen zu Armstrong und Ullrich gezogen. Die Gegenseite präsentierte ebenfalls ziemlich viele Zahlen. Sie sollten die Unschuld beweisen. Doch Daten können Emotionen nur selten schlagen. Das Rennen um Glaubwürdigkeit ist nicht mit physikalischen Werten zu gewinnen. Vertrauen erreicht man nicht dadurch, dass man dem Gegenüber maximal oft beteuert, er könne ihm vertrauen.

Einige deutsche Vertreter bei der 102. Auflage der Tour haben sich ins Zeug gelegt. Simon Geschke hat eine Berg-Etappe gewonnen, Andre Greipel trug das Grüne Trikot, und bis zum verletzungsbedingten Ausscheiden lieferte auch Tony Martin eine formidable Figur ab. Man möchte daran glauben, das alles mit koscheren Mitteln gelaufen ist.

Man weiß es aber nicht.

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(RP)
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