Radprofi Peter Sagan im Interview "Ich denke nicht zu viel an Zabels Rekord"

Der Rad-Weltmeister und zuletzt fünfmal beste Tour-Sprinter spricht über den Grand Départ in Düsseldorf, seine langen Haare und einen Wunsch an die deutschen Kinder.

 Peter Sagans Markenzeichen sind die langen Haare.

Peter Sagans Markenzeichen sind die langen Haare.

Foto: dpa, ris wie

Peter Sagan fällt auf. Im Regenbogentrikot des aktuellen Straßenrad-Weltmeisters. Und wegen seiner schulterlangen Haare. Dabei bräuchte der Slowake (27) derlei Äußerlichkeiten gar nicht, um auf sich aufmerksam zu machen, denn allein die Erfolge der vergangenen Jahre machen ihn zu einem Superstar des Radsports.

Hand aufs Herz, hätten Sie erwartet, dass Ihre langen Haare so viel Aufmerksamkeit erzeugen würden?

Peter Sagan Ganz ehrlich? Nein. Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass meine Frisur die Öffentlichkeit ernsthaft interessieren könnte.

Tut Sie aber offensichtlich doch. Aber in erster Linie sind Sie ja dann doch nicht als Mann mit der Mähne bekannt, sondern als zweifacher Weltmeister und fünfmaliger Gewinner des Grünen Trikots des besten Sprinters bei der Tour de France. Gerade in Ihrer Heimat Slowakei. Dort gibt es sogar eine Briefmarke mit Ihrem Konterfei.

Sagan Ja, und es ist auf jeden Fall eine große Ehre, wenn dein Heimatland findet, dass du wichtig genug bist, um auf einer Briefmarke zu erscheinen.

Das denke ich mir.

Sagan Deswegen bin ich auch stolz, nicht nur als Radfahrer ein Botschafter der Slowakei zu sein, sondern auch auf den Briefen, die meine Landsleute verschicken.

Besitzen Sie auch selbst einen Satz Marken?

Sagan Ich denke, ich habe eine Handvoll davon zu Hause.

Hierzulande gibt es keine Sagan-Briefmarken, aber Ihre Popularität ist in diesem Jahr auch in Deutschland noch einmal angewachsen, seit Sie für das Bora-hansgrohe-Team fahren, und die Tour de France in Deutschland startet. Was bedeutet das für Sie?

Sagan Die Tour de France ist das prestigeträchtigste Radrennen der Welt und das wichtigste im Rennkalender jedes Fahrers im Feld. Alleine dadurch ist es also schon etwas Besonderes. Die Tatsache, dass ich für ein deutsches Team fahre und wir in Düsseldorf starten, macht das Ganze nur noch spezieller. Ich bin mir sicher, die deutschen Zuschauer werden uns zu Zehntausenden am Rheinufer anfeuern, und ich werde mein Bestes geben, um sie nicht zu enttäuschen.

2017 können Sie zum sechsten Mal in Folge das Grüne Trikot gewinnen. Das hat vor Ihnen nur Erik Zabel geschafft, 1996 bis 2001. Ist also Ihr größtes Ziel, Zabel einzuholen?

Sagan Ich habe eine ganze Reihe großer Ziele in dieser Saison, und natürlich zählt der erneute Gewinn des Grünen Trikots dazu. Aber ich denke nicht zu viel daran, dass ich damit Zabels Rekord einstellen kann. Wenn es so kommt, bin ich sehr glücklich, aber ich habe deswegen keine schlaflosen Nächte.

Die Konkurrenz kommt vor allem aus Deutschland: Marcel Kittel, André Greipel und John Degenkolb.

Sagan Und sie sind alle großartige Rennfahrer. Ihre Erfolge sprechen für sich, und ich habe großen Respekt vor ihnen. Und wissen Sie, was?

Was?

Sagan Ich hoffe, dass ich mit meinem Team mehr Mädchen und Jungen in Deutschland dazu bringen kann, Radsport zu betreiben. Es würde mir viel bedeuten, wenn ein künftiger Kittel, Greipel oder Degenkolb irgendwann mal sagen würde, er habe mich damals als Kind in Düsseldorf fahren gesehen.

Ein solcher Einsatz für den deutschen Nachwuchs wird den Radsport hierzulande sicher freuen. Aber erst einmal geht es ja für Ihre Sportart weiter darum, verloren gegangenes Vertrauen infolge der Dopingskandale der Vergangenheit zurückzugewinnen. Das geht nur über Transparenz.

Sagan Ganz ohne Zweifel. Wir Fahrer müssen transparent sein. Unser Motto bei Bora-hansgrohe ist ja "ride natural" [etwa: fahre ursprünglich, Anm. d. Red.]. Und darum geht es: ride natural, in jeder Hinsicht.

Vor der Tour de France stehen für Sie aber erst einmal die Frühjahrsklassiker an. Den Sieg bei Mailand - Sanremo haben Sie ja zuletzt denkbar knapp verpasst.

Sagan Ja, Michal Kwiatkowski hat mich nach 291 Kilometern im Sattel im Zielsprint um Zentimeter geschlagen. So ein Finish zeigt, warum Mailand - Sanremo zu den Monumenten des Radsports zählt. Rennen wie dieses sind extrem schwer und ihr Verlauf unvorhersehbar.

Inwiefern?

Sagan Du musst einen perfekten Tag haben. Es müssen verschiedene Faktoren alle zu deinen Gunsten zusammenkommen.

Welches Monument wollen Sie unbedingt einmal gewinnen? Am Sonntag steht die Flandern-Rundfahrt an.

Sagan Es ist schwer, sich da ein Rennen herauszupicken. Und noch schwerer, den Traum vom Sieg auch zu realisieren. Denn jedes dieser Rennen ist gleich prestigeträchtig und gleich schwer.

(klü)
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