Gegenpressing Real Madrid macht Finanzpolitik nach Balotelli-Prinzip

Düsseldorf · Warum wird im Sommer auf dem Transfermarkt so viel Geld ausgegeben? Klare Antwort: Weil man es hat - in diesem Fall Präsident Perez.

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Foto: AP/Andre Penner

Wie schön, dass nicht jeder jedes Milliönchen zweimal umdrehen muss, bevor er es denn ausgibt. Im Fußball zum Beispiel leben einige glückliche Menschen nach dem leicht abgewandelten Balotelli-Prinzip. Der Herr Balotelli, Vorname Mario, entgegnete einmal zu seinen aktiven Zeiten bei Manchester City einem Verkehrspolizisten auf die Frage, warum er so viele Tausend-Pfundnoten in seiner Nobelkarosse aufbewahre: "Weil ich reich bin."

Genau deshalb geben namentlich die spanischen und englischen Großvereine in jedem Sommer mächtig Geld aus. Sie haben es nämlich. Ob durch undurchsichtige Steuervorteile, tiefen Rückhalt in den jeweiligen Landesregierungen, glückliche familiäre Umstände oder tapferen Beistand von Scheichs aus dem Morgenland ist dabei zweitrangig. Hauptsache: Der Geldspeicher ist voll.

Von Festgeldkonten wie die Bayern halten die meisten europäischen Konkurrenten der Münchner nichts. Das ist wahrscheinlich sogar klug, weil jeder Privatanleger inzwischen weiß, wie flach die Zinssätze ausfallen.

Beim Ausgeben hilft gelegentlich eine besondere Form innerer Überzeugung des einzelnen Klubs, die über die reine Feststellung hinausgeht, dass Geld zur Verfügung steht. Bei, sagen wir mal, Real Madrid herrscht in leitenden Kreisen zum Beispiel die übereinstimmende Meinung, dass die Mannschaft unbedingt galaktisches Format haben müsse. Und das betrifft nach einer stillen Übereinkunft aller wesentlichen politischen Kräfte im Klub, das heißt: nach Meinung von Präsident Florentino Peréz, vor allem die luxuriöse Ausstattung der Abteilung Offensive.

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Vor Jahren beschäftigte Perez zum Zwecke gehobener Unterhaltung gleichzeitig Zinedine Zidane, Luis Figo, David Beckham, Michael Owen und Ronaldo. Dann trat er zurück. Es wurde ihm schnell langweilig, und er besetzte erneut den Präsidentensessel. Inzwischen hat er schon Cristiano Ronaldo und Gareth Bale geholt, die zusammen für rund 200 Millionen Euro Ablösesumme stehen. Und er hat ihnen noch schnell den Kolumbianer James Rodriguez (80 Millionen) und das deutsche Schnäppchen Toni Kroos (30 Millionen) zur Seite gestellt. Rund 660 Millionen Euro hat der Bauunternehmer als Vereinschef in teure Beine gesteckt.

Auf Abwehrspieler hat er aber immer noch keine große Lust. Er findet, dass die Defensive grundsätzlich überbewertet ist. Und er hat deshalb den Trainer José Mourinho gern wieder vom Hof gejagt. Peréz glaubt, dass die Sammlung galaktischer Offensivspieler von ihrer Natur den Gegnern derart überlegen ist, dass die den Ball in aller Regel nur noch beim Mittelanstoß aus der Nähe sehen werden. Die Sammlung galaktischer Offensivspieler muss nur groß genug sein.

Seine jüngste Sammlung scheint in jedem Fall groß genug zu sein. Das wiederum liegt auch am Konto von Real Madrid und am Balotelli-Prinzip. Manchmal passt eben alles schön zusammen.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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