Handball-EM Regenbogen auf Kapitänsbinde sorgt für Eklat

Breslau/Düsseldorf · Es sollte ein Zeichen für Toleranz werden - bei der EM sind solche Symbole nicht erwünscht.

Tobias Karlsson ist Kapitän des schwedischen Handball-Nationalteams. Heute führt er seine Mitspieler in Breslau zum ersten EM-Gruppenspiel aufs Feld. Gegner ist Slowenien. Eigentlich wollte der 34-Jährige, im Alltag Abwehrchef beim Bundesliga-Topteam SG Flensburg-Handewitt, dabei auch ein Zeichen setzen - und im erzkonservativen Land Polen mit einer regenbogenfarbenen Kapitänsbinde auflaufen. Die Regenbogenfahne gilt als Symbol der Lesben- und Schwulenbewegung.

Es geht Karlsson um Toleranz und Offenheit. Er ist Botschafter für die EuroGames, ein schwul-lesbisches Sportgroßereignis, das im vorigen Jahr in Stockholm stattfand. Zunächst hatte die Europäische Handball-Föderation (EHF) keine Einwände bei der Wahl seiner Kapitänsbinde. In fünf Testspielen des Rekordeuropameisters (vier Titel) hatte Karlsson sie auch am Arm. Am Donnerstag, einen Tag vor Eröffnung der zwölften EM, kam dann aber das Verbot. Slogan und Statements dürften nicht über die Spielkleidung transportiert werden, hieß es nun. Den polnischen Gastgebern dürfte dies sehr gelegen sein.

"Es ist traurig, dass uns die EHF daran hindert, zu zeigen, wie wir zu Offenheit, Mitgefühl und gleichen Werten stehen", wird der Handballprofi auf der Internetseite des schwedischen Verbandes zitiert. Die Diskussionen um seine Absicht haben allerdings das Thema wohl viel stärker in den Fokus gerückt, als wenn Karlsson seine Botschaft per Regenbogenbinde in den Spielen hätte transportieren können.

Für seine geplante Aktion erhielt der Schwede viel Lob und Unterstützung. Der Isländer Gudjon Valur Sigurdsson und der Norweger Bjarte Myrhol wollten ihrem Kollegen nacheifern, das hat die EHF unterbunden. "Tobias hat mit seiner Aktion erreicht, was er erreichen wollte. Ich finde es super, wenn jemand seine Meinung sagt und etwas Positives bewegt. Ob er jetzt die Binde trägt, ist zweitrangig", sagte der Manager des deutschen Teams, Oliver Roggisch. Bob Hanning, Vizepräsident des Deutschen Handballbundes (DHB), erinnerte daran, dass man den Sport nicht missbrauchen dürfe, um Politik zu machen, aber "diese Idee fand ich großartig".

Die Konzentration gehört nun aber den sportlichen Herausforderungen. Und da haben die deutschen Spieler heute ein ganz dickes Brett zu bohren. Gegner Spanien (18.30 Uhr/ZDF) gehört zu den Medaillenkandidaten, hat Mitfavorit Polen am Sonntag noch mit 27:12 abgefertigt. "Wir sind von unseren Fähigkeiten überzeugt. Wir sind bereit", sagt Bundestrainer Dagur Sigurdsson. Für 14 seiner 16 Spieler ist es die erste EM, nur Torhüter Carsten Lichtlein (35) und Rückraumspieler Martin Strobel, (29), die 2001 bzw. 2007 ihr Debüt im Nationalteam feierten, haben schon eine EM gespielt.

Zum Team, das vor einem Jahr bei der WM in Katar den siebten Platz belegte und damit der DHB-Auswahl einen Platz in einem der drei Olympia-Qualifikationsturniere sicherte, sind nur noch Lichtlein, Strobel, Steffen Weinhold, Hendrik Pekeler, Erik Schmidt und Johannes Sellin dabei. Zeit für neue Helden.

(RP)
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