Garmisch Schmitt nach neun Jahren erstmals Zuschauer

Garmisch-Partenkirchen (rpo). Schlechter könnte das neue Jahr für den einstigen Superadler Martin Schmitt kaum beginnen. Am Tiefpunkt seiner Karriere hat er die Qualifikation für das traditionsreiche Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen erstmals seit neun Jahren verpasst. Ein Hüpfer auf 106 Meter bestätigte die schwache Form des Publikumslieblings, Platz 53 von 78 Startern ist viel zu wenig. Dennoch wird der dreifache Weltcupsieger die Vierschanzentournee zu Ende springen, Experten sehen aber keinen Weg aus der Krise.

 Martin Schmitt muss beim Neujahrsspringen zuschauen, gibt aber nicht frühzeitig auf.

Martin Schmitt muss beim Neujahrsspringen zuschauen, gibt aber nicht frühzeitig auf.

Foto: ddp, ddp

"Ich verzweifle nicht. Ich mache das nicht mit Absicht, auch wenn es manchmal so aussieht", meinte der unglückliche Schmitt und ließ sich von Freundin Patricia trösten: "Ich bin körperlich so gut drauf wie nie, aber ich kann es nicht beim Absprung umsetzen. Man sieht die Fehler, und wir müssen jetzt die richtigen Entscheidungen treffen."

Genau das ist aber seit seinem letzten Sieg vor fast vier Jahren nie gelungen, der einstige Überflieger taumelt seit dem Team-Olympiasieg 2002 von einem Absturz zum nächsten. Selbst Bundestrainer Peter Rohwein scheint inzwischen an seinem sturen Teamkapitän zu verzweifeln, bei der Aussprache am Silvesterabend fielen auch harte Worte.

Schmitt gibt nicht auf

Der viermalige Weltmeister wird aber bei den beiden restlichen Tourneespringen in Innsbruck (4. Januar) und Bischofshofen (6. Januar) dabei sein. "Martin springt die Tournee weiter. Es gibt keine Alternative. Er muss springen und Wettkämpfe bestreiten. Wir müssen versuchen, ihn zu verbessern - immer wieder aufs Neue", sagte Rohwein.

DSV-Sportchef Thomas Pfüller stärkte dem deutschen Sorgenkind demonstrativ den Rücken. "Wir stehen zu Martin Schmitt. Das Wichtigste ist jetzt, dass wir ihn bis Olympia wieder in eine Form bringen, dass er unter die Top 15 springen kann. Martin ist enorm wichtig für die deutsche Mannschaft", sagte Pfüller dem sid und sprach sich ebenfalls gegen einen vorzeitigen Tournee-Ausstieg aus. "Es gibt auch andere Möglichkeiten, Martin zum Training rauszunehmen", sagte der Generalsekretär des Deutschen Skiverbandes (DSV).

Schmitt wird voraussichtlich auf die Skiflug-Weltmeisterschaft in Bad Mitterndorf (13. bis 15. Januar) verzichten und stattdessen auf einer kleinen Schanze an seinen Problemen arbeiten.

"Die Situation ist frustrierend für ihn und für mich, es ist schwer, mit ihm zu arbeiten. Aber wir müssen jetzt weitermachen, so lange Martin noch motiviert ist", meint Bundestrainer Rohwein.

Der 28-Jährige zerbricht offenbar an dem eigenen Anspruch, wieder an seine Serie von 28 Weltcupsiegen anzuknüpfen. Nach zumindest mittelmäßigen Sprüngen im Training auf der Olympiaschanze stellte er ausgerechnet in der Qualifikation seine Anfahrtposition um und stürzte selbst hinter Nobodies wie Mario Kürschner ab: "In dem Moment, in dem ich in meinen Sprung eingreife, geht alles schief. Das Problem in der Anfahrt habe ich schon seit Jahren." Mal ist es die Anfahrt, mal war es in den letzten Jahren der Absprung oder der Flug - aber eine Lösung für die Probleme wurde bislang nie gefunden.

Eine offene Rücktrittsaufforderung traut sich mit Blick auf die einmaligen Erfolge von Schmitt trotzdem kein Experte, allerdings wachsen die Zweifel. "Eigentlich kann das Potenzial, das Martin gezeigt hat, nicht verloren gehen. Aber er bleibt seit Jahren den Beweis schuldig", meint der dreimalige Olympiasieger Jens Weißflog.

Schmitts einstiger Erfolgstrainer Reinhard Heß will den Verlauf der Saison abwarten, ehe er sich über seinen ehemaligen Schützling äußert. Immerhin glaubt noch Skisprung-Chef Walter Hofer an den Krisenflieger: "Ich bin zu 100 Prozent überzeugt, dass er bei Olympia da ist." Wenn nicht bei diesen Winterspielen, dann vielleicht 2010 in Vancouver, denn solange will Schmitt "auf jeden Fall" noch weitermachen ...

(sid)
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