Frankfurt/M. Europa probt den Aufstand gegen Blatter

Frankfurt/M. · Die Uefa bringt den Plan eines gemeinsamen Kandidaten gegen den Schweizer Fifa-Präsidenten wieder ins Spiel.

Sepp Blatter: 17 Jahre an der Spitze der Fifa
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Das ist Sepp Blatter

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Foto: dapd, Alessandro Della Bella

Die Spitzenfunktionäre des deutschen Fußballs verschärfen den Konfrontationskurs gegen die Fifa und dessen angezählten Präsidenten Joseph Blatter. DFB-Chef Wolfgang Niersbach brachte am Wochenende doch wieder einen europäischen Gegenkandidaten für den Anführer des skandalumtosten Weltverbands ins Spiel, DFL-Chef Christian Seifert beschwor ein gemeinsames Vorgehen der Uefa-Mitglieder. Einen möglichen WM-Boykott bewertete er zwar vorerst nicht als praktikabel, schätzt diesen aber als "wirkungsvollste Waffe" ein und erklärte: "Nur rumzunölen und zu sagen "So ist die Fifa halt" und in vier Jahren fröhlich eine WM zu spielen, das wäre in der Tat zu wenig."

Nach dem Verzicht von Uefa-Präsident Michel Platini könnte nach Aussage von Niersbach Ende Mai ein gemeinsamer Bewerber aus Europa Blatter herausfordern. "Ich schließe nicht aus, dass es bis zum 24. Januar doch noch einen europäischen Kandidaten geben wird", sagte Niersbach. "Diese mögliche Option wird gerade innerhalb der Uefa besprochen." Platini, Chef der Europäischen Fußball-Union, hatte Ende August erklärt, nicht gegen Blatter anzutreten. Die Frist für mögliche Kandidaten läuft Anfang 2015 ab, die Wahl findet auf dem Kongress des Weltverbands am 29. Mai in Zürich statt. Neben dem Schweizer hat bislang nur der als aussichtslos geltende frühere Fifa-Funktionär Jérôme Champagne aus Frankreich seine Absicht zur Kandidatur erklärt.

Auch der Ex-Präsident des chilenischen Verbandes, Harold Mayne-Nicholls, hielt sich eine Bewerbung offen. Niersbach lehnt dies für sich selbst ab: "Wenn es einen Kandidaten geben sollte, wissen wir doch alle auch eines: Wenn Sepp Blatter wirklich im Mai antritt, hat er sicher realistische Aussichten, die Wahl auch zu gewinnen."

Bisher galt es als aussichtslos, gegen Blatter anzutreten: Hinter dem Schweizer stehen zahlreiche Mitgliederverbände aus Asien und Afrika. Europa stellt nur 54 von 209 Mitgliedsverbänden.

Nicht nur der deutsche Fußball sieht eine erneute Kandidatur Blatters "sehr, sehr skeptisch", wie Seifert als Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Fußball Liga (DFL) betonte. Blatter war von den Verbänden Europas für sein Streben nach einer fünften Amtszeit des Wortbruchs beschuldigt worden. Rund um die umstrittene Vergabe der Weltmeisterschaften an Russland (2018) und Katar (2022) sei es "dringend nötig, dass sich der europäische Fußball schleunigst auf eine gemeinsame Position einigt", sagte Seifert.

Auf die Stärke der alten Welt setzt Seifert auch beim Thema WM-Boykott. "75 Prozent der Spieler einer WM sind in Europa unter Vertrag, und wenn Europa "Wir spielen nicht mehr mit" sagt, dann ändert das alles", sagte der 45-Jährige. Allerdings müsse man die Dinge zu Ende denken. "Wenn England, Italien, Spanien oder wir die WM boykottieren, wäre das Kapitalismus in Reinform. Dann würde der europäische Fußball seine geballte ökonomische Macht ausspielen, und alle würden schreien: Europas Fußball nimmt Afrika und Asien in Geiselhaft."

(dpa)
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