Zürich Blatter: "Ich war dem Tod sehr nahe"

Zürich · Das Funktionärsschicksal von Joseph Blatter und Michel Platini wird sich im Dezember entscheiden. Dann will der deutsche Fifa-Ethik-Richter Hans-Joachim Eckert das Urteil gegen die suspendierten Präsidenten des Fußball-Weltverbandes (Fifa) und der Europäischen Fußball-Union (Uefa) sprechen. Gestern eröffnete die Rechtsprechende Kammer der Fifa-Ethikkommission offiziell ein Verfahren. Eckert reagierte damit auf den Abschlussbericht der ermittelnden Ethik-Kammer. Blatter und Platini wird eine dubiose Zahlung von umgerechnet 1,8 Millionen Euro an den Franzosen im Jahr 2011 vorgeworfen. Dabei soll es sich laut den beiden um eine verspätete Honorarzahlung für Platinis Beratertätigkeit von 1998 bis 2002 handeln.

Sepp Blatter: 17 Jahre an der Spitze der Fifa
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Foto: dapd, Alessandro Della Bella

Blatter und Platini haben nun die Möglichkeit, ihre Sicht der Dinge darzulegen und Beweise zu präsentieren. Zudem können sie eine Anhörung vor den Fifa-Richtern beantragen. Beide beteuern ihre Unschuld. Sollte Platini gesperrt werden, kann er nicht wie geplant bei der Wahl des Blatter-Nachfolgers am 26. Februar in Zürich antreten. Der 60-Jährige hat bereits Beschwerde beim Internationalen Sportgerichtshof CAS gegen seine provisorische 90-Tage-Sperre eingereicht.

Blatter räumte in seinem ersten TV-Interview nach einem Check im Krankenhaus gravierende Gesundheitsprobleme ein. "Ich war dem Tod sehr nahe", sagte der 79-Jährige dem Schweizer Sender RTS in einem Gespräch, das in voller Länge morgen ausgestrahlt werden soll. "Ich war zwischen den Engeln, die gesungen haben, und dem Teufel, der das Feuer anzündet. Aber es waren die Engel, die gesungen haben." Sein Zustand sei durch den "enormen Druck" begründbar. "In einem bestimmten Moment sagt der Körper einfach ,nein, genug ist genug'. Aber wenn du psychisch stark bist, kannst du widerstehen", sagte Blatter, der sich Anfang des Monats ins Krankenhaus begeben hatte.

Die Schweizer Justiz ermittelt gegen Blatter wegen des Verdachts der "ungetreuen Geschäftsbesorgung". Platini wird von den Justizbehörden weiterhin als Auskunftsperson eingestuft - einer Mischform aus Zeuge und Beschuldigtem. Blatter bezeichnete die Vereinbarung über die Zahlung erneut als "Arbeitsvertrag".

Seinen einst engen Kollegen und heutigen Rivalen Platini hält er überraschend für einen guten potenziellen Fifa-Chef. "Wenn er zurückkommt, wird er gewählt werden", sagte Blatter. Urteilt Eckert gegen den Franzosen, ist eine Kandidatur allerdings ausgeschlossen.

Das am Ende der WM 2006 verliehene Bundesverdienstkreuz soll Blatter unter fragwürdigen Umständen bekommen haben. Laut "Süddeutscher Zeitung" habe der Schweizer über dieFifa bei der Bundesregierung darauf gedrängt, diesen Orden zu erhalten. Anlass für Blatters Drängen sei gewesen, dass Anfang 2005 der damalige Uefa-Präsident Lennart Johansson, Blatters größter Gegenspieler, mit dem Großen Verdienstkreuz der Bundesrepublik geehrt worden war. Im September 2005 habe der damalige Bundesinnenminister Otto Schily in einem Schreiben an Bundespräsident Horst Köhler vorgeschlagen, Blatter für dessen Verdienste um den Fußball das "Bundesverdienstkreuz einer gehobenen Stufe" zu verleihen.

(dpa)
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