Köln Spitzensportler gründen eigenen Verein

Köln · Die deutschen Athleten bilden in ihrer Vollversammlung in Köln eine eigene Interessenvertretung. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) begegnet dem Projekt mit skeptischer Gelassenheit.

Die deutschen Spitzensportler nabeln sich von ihren Funktionären ab und streben nach Autonomie. Trotz der Kritik des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) gründeten die Athletenvertreter am Sonntag in ihrer Vollversammlung in Köln den Verein "Athleten Deutschland" als eigenständige Interessenvertretung. Er soll die DOSB-Athletenkommission professionell unterstützen und den Sportlern mehr Gehör verschaffen.

"Der Sport wird professioneller, die Themen werden komplizierter. Um da richtig dabei sein zu können, reicht die ehrenamtliche Struktur nicht", sagte Säbelfechter Max Hartung, der Vorsitzende der DOSB-Athletenkommission: "Es ist kein Luftschloss und keine fixe Idee von einigen." Eine Gewerkschaft will der Verein mit 45 Gründungsmitgliedern und Sitz in Köln nicht sein. "Wir wollen auch Profisportler in ihren Ligen unterstützen", kündigte Hartung an, "aber eine deutschlandweite Sportlergewerkschaft steht nicht in Aussicht."

Dem 28-Jährigen geht es vor allem darum, bei seiner Arbeit als Athletenvertreter professionelle Hilfe zu bekommen. "Ich habe gemerkt, dass ich Federn gelassen habe", sagte der 28-Jährige, "meine WM hat darunter gelitten." Mit einer Geschäftsstelle und drei hauptamtlichen Mitarbeitern soll der Verein die operativen Aufgaben für die DOSB-Athletenkommission übernehmen, die bestehen bleibt. Ihr Vorsitzender, seit dem vergangenen Februar Hartung, nimmt weiterhin qua Amt einen Platz im Präsidium des Dachverbandes ein.

Der Verein soll Sprachrohr sein und helfen, dass Spitzensportler in Zukunft besser gefördert und abgesichert werden. Zum Vereinszweck gehören auch der Kampf gegen Doping und sexualisierte Gewalt im Sport.

"Es ist das gute Recht der Athleten, einen Verein zu gründen", sagte der DOSB-Vorstandsvorsitzende Michael Vesper, "aber wir haben bereits eine gut funktionierende Athletenvertretung, die alle Freiheiten hat. Eine solche Parallelstruktur wirft Fragen auf." Für die Finanzierung in Höhe von jährlich 300.000 bis 400.000 Euro hat die Politik Unterstützung in Aussicht gestellt. "Wir sind auf Zuwendungen von Dritten angewiesen", sagte Hartung und berichtete schmunzelnd von einer "netten Mail von einem Herrn, der 200 Euro geben möchte".

Aus dem Bundestag, fügte er an, habe es positive Signale gegeben, nach der Bildung der neuen Regierung müsse man "noch mal neu in die Gespräche gehen". Der DOSB fürchtet jedoch, dass dieser Betrag an anderer Stelle in der Sportförderung fehlen könnte. "Ich gehe nicht davon aus, dass Geld woanders rausgeschnitten wird", sagte Hartung: "Man sollte nicht daran sparen, dass Athleten sich gut einbringen können."

Vesper erklärte, er habe "noch keinen Kostenplan gesehen", und gab zu, dass die Finanzen ein entscheidender Punkt seien: "Ein Konflikt in den vergangenen Jahren war, dass die Athletenkommission mehr finanzielle Unterstützung vom DOSB erwartet hat. Der Streit bezieht sich auf die professionelle Unterstützung."

DOSB-Präsident Alfons Hörmann und Vesper hatten in einem Brief an die Mitgliedsverbände den Sinn der Vereinsgründung generell infrage gestellt. Siegfried Kaidel, der Sprecher der DOSB-Spitzenverbände, unterstützte dagegen "eine professionelle Aufstellung" der Athleten. Und auch Leichtathletik-Präsident Clemens Prokop äußerte gegenüber "große Sympathie". Man müsse jedoch abwarten, wie gewichtig die neue Stimme sein wird. "In manchen Sportarten sind Athleten dann doch eher Einzelkämpfer", sagte Prokop.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort