Stabhochspringerin Auch ein Helm hätte Grünberg nicht geholfen

Innsbruck · Stabhochsprung-Hoffnung Kira Grünberg ist beim Training so schwer gestürzt, dass die österreichische Rekordhalterin künftig im Rollstuhl sitzen muss. Einmal mehr wurde deutlich, dass der Stabhochsprung die gefährlichste Leichtathletik-Disziplin ist.

Kira Grünberg hat sich vor den Augen ihres Vaters den Halswirbel gebrochen.

Kira Grünberg hat sich vor den Augen ihres Vaters den Halswirbel gebrochen.

Foto: dpa, ren pt

Kira Grünberg galt in Österreich als kommender Leichtathletik-Star, nach einem schweren Trainingsunfall ist die Stabhochspringerin jetzt querschnittsgelähmt. Die 21-Jährige, die sich sogar von Turn-Star Fabian Hambüchen Tipps holte, hat sich am Donnerstag bei einem Übungssprung vor den Augen ihres Vaters und Trainers den Halswirbel gebrochen. Die schockierende Diagnose teilte der Verband am Morgen nach der Operation in Innsbruck mit. "Kira, die ganze Leichtathletik- und Sportfamilie ist in Gedanken bei Dir und Deiner Familie", schrieb der ÖLV auf seiner Internetseite.

"Der Erhalt der Lebensfunktionen" sei primäres Ziel der Operation gewesen, sagte Grünbergs Manager Thomas Herzog der österreichischen Nachrichtenagentur APA. Was die Diagnose der Querschnittslähmung betreffe, sei "von keinem positiveren Verlauf" auszugehen. An eine Fortsetzung der Karriere sei nicht zu denken. "Der Weg, der auf Kira wartet, ist ein anderer, langer, schwieriger."

Das Risiko fliegt immer mit

Einmal mehr wurde auf tragische Weise deutlich, wie gefährlich der Stabhochsprung ist. "100-prozentige Sicherheit kann es beim Stabhochsprung leider nie geben. Das ist ein Sport, zu dem eine Risikokomponente gehört", sagte Herbert Czingon, Teilzeittrainer von Kira Grünberg und früherer Bundestrainer der deutschen Leichtathleten, der Deutschen Presse-Agentur dpa.

Zu Beginn der 2000er-Jahre schreckten sogar mehrere tödliche Unfälle in den USA die Sportwelt auf. 2009 verunglückte ein 19 Jahre alter College-Student beim Training. 2008 gab es an einer High School einen ähnlichen tödlichen Unfall. Vor 13 Jahren wurde an amerikanischen Hochschulen nach drei Todesfällen in nur sieben Wochen die Helmpflicht eingeführt.

Helmpflicht in den USA

Von den Profis sprang anschließend nur der mittlerweile 38-jährige Toby Stevenson, Olympia-Zweiter 2004, mit Helm — seiner Mutter zuliebe. Auch in Deutschland setzt aktuell nur Nachwuchshoffnung Lilian Schnitzerling auf den Kopfschutz. Bei Kira Grünberg "hätte ein Helm vermutlich nicht geholfen", glaubt Czingon. "Vielleicht führt dieser furchtbare Fall zu der Entwicklung, die Härte oder die Beschaffenheit des Einstiegskastens zu überdenken."

Der frühere Bundestrainer betont: "Die Regeln zur Sicherheit sind beim Stabhochsprung immer wieder verändert worden." Die Anlagen seien heute "im Schnitt viel, viel sicherer als vor 20 Jahren." Czingon sagt aber auch: "Wir sind alle dazu aufgerufen, in dieser Sicherheitsdiskussion nie locker zu lassen."

Der Umgang mit der Angst ist ein sensibles Thema bei Athleten und Trainern. Für viele Springer macht das Risiko auch einen Teil des Reizes ihrer Sportart aus. Umgekehrt gibt es Fälle wie die frühere deutsche Rekordhalterin Annika Becker, bei der im Jahr 2004 im Training der Stab brach. Becker fiel auf den Kopf, verletzte sich im Halswirbelbereich — und wechselte vier Monate später zum Weitsprung. Die Angst war bei ihr zu groß geworden.

Tipps von Hambüchen

Kira Grünberg wollte am Donnerstag für die noch nicht erfüllte WM-Qualifikation von 4,50 Metern trainieren. In einer Innsbrucker Halle hatte sie damit gerade erst begonnen, als sie bei einem Versuch über eine geringe Höhe mit dem Kopf voraus in den Einstichkasten stürzte. "Du brauchst in unserem Sport alles: Kraft, Athletik, Mut, Akrobatik. Mich hat das Stabhochspringen schon als Mädchen fasziniert. Ich wollte immer wissen, wie das funktioniert", hat sie einmal gesagt.

Grünberg hielt mit 4,45 Metern den österreichischen Rekord und war knapp dran an der WM-Norm. Um noch höher zu springen, war sie auch ungewöhnliche Wege gegangen. So hatte etwa Hambüchen im Vorjahr für sie einen Trainingsplan entwickelt. "Er hat mir drei A4-Zettel mit Übungen aufgeschrieben", sagte sie damals. An diesem Samstag in Linz wollte sie eigentlich die WM-Norm knacken.

(dpa)
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