Gegenpressing Als Tennisprofis reiche Witwen umbrachten

Früher war alles besser? Von wegen. Tennis war zum Beispiel lange eine brotlose Kunst. Und das trieb sogar einen Wimbledon-Finalisten zu einem Kapitalverbrechen.

 Der Centre Court in Wimbledon.

Der Centre Court in Wimbledon.

Foto: AFP, AFP

Der Tennis-Zirkus erreicht wieder Europa. In Monte Carlo, das um diese Jahreszeit schon mit angenehmen Temperaturen aufwartet, findet unter freiem Himmel das erste große Turnier des Jahres auf roter Asche statt. Das hat Tradition. Eine ganze Turnierserie war an der Cote d'Azur bereits zu Gottfried von Cramms besten Zeiten, ja sogar weit davor, ganz groß in Mode - als Treffpunkt der Schönen, der Reichen und eben der berühmten Tennisspieler aus aller Welt. Dort verbrachte man gern ein paar Wochen und tingelte von einer Veranstaltung zur anderen. Man logierte, als Tennis noch eine brotlose Kunst war, entweder in einfachen Absteigen, oder war privat untergebracht - oftmals in der Villa irgendeines Millionärs, der sich seine Gastfreundschaft zur Ehre anrechnete.

Es waren nicht nur Ehrenmänner, die sich dort tummelten. Zum Tross der Tennisspieler, die sich regelmäßig in Südfrankreich einfanden, gehörte auch ein gewisser Vere St. Leger Thomas Gould, der 1879 das Endspiel in Wimbledon erreicht hatte. Bei einer der Gelegenheiten ergab es sich, dass der sportliche Ire und seine Frau Violet, eine gebürtige Belgierin, in der Spielbank eine sehr vermögende Witwe kennenlernten. Von Freundschaft konnte allerdings keine Rede sein. Um an die Pretiosen der Dame zu gelangen, beförderte das Ehepaar die Witwe eines Tages heimtückisch vom Leben zum Tod und zerstückelte die Leiche.

Am Bahnhof von Nizza wurden die feinen Herrschaften jedoch erwischt und überführt. Aus dem Koffer, in dem die sterblichen Überreste der beklagenswerten Witwe untergebracht waren, drang nämlich wegen der Hitze, die gerade herrschte, ein äußerst strenger Geruch, der einem Bediensteten der Bahn in die Nase drang. Der Mann hatte nichts Besseres zu tun, als seine Wahrnehmung der Polizei zu melden - und so nahm die Gerechtigkeit ihren Lauf.

Das skrupellose Paar musste sich ob der ruchlosen Tat vor Gericht verantworten. Madame Gould wurde zum Tode verurteilt und später zu lebenslanger Haft begnadigt. Sie starb einige Jahre später im Zuchthaus von Montpellier. Mister Gould wurde auf die Teufels-Inseln verbannt, wo er nur kurz darauf bereits verschied.

Welche Erkenntnis gewinnen wir aus dieser Anekdote? Nun, heutige Tennisprofis haben es nicht nötig, in billigen Herbergen beziehungsweise in den Villen wohlhabender Gastgeber abzusteigen - geschweige denn reiche Witwen umzubringen, um sich daran zu bereichern.

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(RP)
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