Murray gegen Djokovic Kampf um den Tennis-Thron spitzt sich zu

London/Düsseldorf · Novak Djokovic will in London wieder die Nummer eins werden, Andy Murray seinen Spitzenplatz verteidigen.

Andy Murray: Schotte, Brite, Wimbledon-Held
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Das ist Andy Murray

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Foto: afp

Erst am 7. November löste Andy Murray den Serben Novak Djokovic als Nummer eins der Weltrangliste ab. Sein Rivale, eine Woche vor dem Schotten am 22. Mai 1987 geboren, hatte 122 Wochen lang auf dem Tennis-Thron gesessen. Morgen könnten die beiden Profis beim Saisonfinale in London das Endspiel bestreiten. Der Sieger würde als Branchenführer ins kommende Jahr gehen. Noch nie in der über 40-jährigen Geschichte der Weltrangliste entschied das letzte Saisonspiel über die Reihenfolge.

Doch so weit ist es noch lange nicht. Djokovic, der in Monte Carlo lebt, trifft heute im Halbfinale auf Kei Nishikori. Murray, der seinen Wohnsitz in London hat, bekommt es mit dem Kanadier Milos Raonic zu tun. Der Japaner ist in guter Form. Im Gruppenspiel gegen Murray verlor er in drei hart umkämpften Sätzen. 3:20 Stunden wetteiferten die beiden um den Sieg - Rekord bei den World Tour Finals. Im Viertelfinale der US Open in New York hatte Nishikori die Hoffnungen von Murray zerstört. Es war zugleich dessen letzte Niederlage. Der Schotte gewann danach die Turniere in Peking, Schanghai, Wien und Paris und ist seit 23 Spielen unbesiegt.

Während Murray eine starke zweite Jahreshälfte spielt, geriet Djokovic nach seinem Final-Erfolg Ende Juli in Toronto gegen Nishikori aus dem Tritt. In London aber läuft es wieder rund. Beim mühsamen Auftaktsieg gegen den Österreicher Dominic Thiem hatte er aus Frust noch einen Tennisball in Richtung seiner Spielerbox geschlagen. Nach seinem dritten Sieg im dritten Spiel war er besser gelaunt. "Ich habe das Gefühl, immer besser in Schwung zu kommen. Das ist ein gutes Zeichen. Ich gehe mit sehr viel Rückenwind in die kommenden Spiele", sagte Djokovic nach dem 6:1, 6:2 gegen David Goffin. Der Belgier war als Ersatz für den verletzten Franzosen Gael Monfils eingesprungen.

Noch immer hat der Serbe, der in diesem Jahr bei seinen Grand-Slam-Triumphen in Melbourne und Paris jeweils Andy Murray besiegte, die Trainerfrage nicht beantwortet. In London wird er wieder einmal von Boris Becker und seinem langjährigen Coach Marián Vajda betreut. Beim Masters-Turnier zwei Wochen zuvor in Paris war der Spanier Pepe Imaz der Mann an seiner Seite. Wer auch immer seinen Anteil an der Steigerung hat, fest steht: Djokovic ist wieder in der Form, das Saisonfinale zum vierten Mal in Folge gewinnen zu können.

"Er hat hier bislang sehr gut gespielt", lobte Andy Murray seinen heutigen Gegner Raonic. Vor fünf Monaten noch lag der Schotte in der Weltrangliste nach Punkten gesehen näher am Litauer Ricardas Berankis, der Platz 54 belegte (derzeit nur noch 94.), als an Djokovic. Nun will er sich nicht mehr von der Spitze verdrängen lassen. Murray, dessen 15 Monate älterer Bruder Jamie im Doppel die Nummer eins der Welt ist, schien lange nicht reif für die ganz großen Erfolge. Bei den US Open 2012 begann sein Aufstieg von einem guten zu einem sehr guten und stabilen Spieler. Im Finale von New York besiegte er Djokovic, der von 34 Duellen mit dem zweimaligen Olympiasieger allerdings nur zehn verlor.

Im Sommer 2013 gelang Murray der bislang wertvollste Triumph - wieder gegen Djokovic. 77 Jahre lang hatten die Briten gewartet, dass endlich wieder ein Einheimischer in Wimbledon gewann. Fred Perry, der 1929 noch Weltmeister im Tischtennis geworden war und sich danach auf Tennis konzentrierte, besiegte wie im Jahr zuvor den Deutschen Gottfried von Cramm.

Erst einmal wurde ein als Nummer eins zum Saisonfinale angereister Profi noch abgelöst. 2001 in Sydney verlor der Brasilianer Gustavo Kuerten seine drei Gruppenspiele. Finalsieger Lleyton Hewitt eroberte mit 20 Jahren den Tennis-Thron.

(RP)
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