WTA-Finale 2016 Kerber demontiert Radwanska und steht im Endspiel

Singapur · Angelique Kerber blickte ein wenig fassungslos in ihre Box und konnte ihr Glück kaum fassen: Nach einer beeindruckenden Machtdemonstration ist die Nummer eins der Welt nur noch einen Sieg von der Krönung ihrer märchenhaften Saison entfernt.

Angelique Kerber lässt Agnieszka Radwanska keine Chance
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Kerber lässt Radwanska keine Chance und zieht ins Finale ein

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Kerber war müde - aber glücklich. Eine Stunde nach ihrer beeindruckenden Machtdemonstration und dem erstmaligen Sprung ins Endspiel des WTA-Finals saß die Weltranglistenerste mit locker zusammengebundenen Haaren im Presseraum des Sports Hub von Singapur. "Das ist für mich nochmal eine große Sache, im letzten Finale des Jahres zu stehen. Ich werde versuchen, es zu genießen", sagte Kerber nach dem 6:2, 6:1 gegen Titelverteidigerin Agnieszka Radwanska (Polen/Nr. 2).

Zwischen Kerber und der ersehnten Krönung einer märchenhaften Saison steht am Sonntag (12.30 Uhr MEZ/ZDF) jetzt nur noch Dominika Cibulkova. Die Kielerin hatte die an Position sieben gesetzte Slowakin, die ihr Halbfinale mit 1:6, 7:6 (7:2), 6:4 gegen Swetlana Kusnezowa (Russland/Nr. 8) gewann, im ersten Gruppenmatch am vergangenen Sonntag mit 7:6 (7:5), 2:6, 6:3 bezwungen. "Es ist ein bisschen komisch, gegen dieselbe Konkurrentin gleich zweimal anzutreten", meinte Kerber, für die der Schlüssel zum Erfolg in ihrem aggressiven Spiel liegt: "Ich werde gegen sie mein bestes Tennis zeigen müssen."

Die Australian-Open- und US-Open-Gewinnerin geht als klare Favoritin in den Showdown, in dem die Siegerin 2,36 Millionen Dollar kassiert. Im Duell mit Radwanska präsentierte sich Kerber in ihrem 80. Match 2016 in einer Gala-Form. "Dieses Jahr ist einfach unglaublich. Ich habe gelernt, mit dem Druck umzugehen. Das nehme ich auch mit in die Zukunft", kündigte die 28-Jährige an.

Auch Bundestrainerin Barbara Rittner war begeistert. "Das war eine beeindruckende Vorstellung von Angie. Im ersten Satz war es hochklassig, aber auch eng. Dank ihres Selbstvertrauens hat sie die wichtigen Punkte gemacht", sagte Rittner dem SID.

Kerber könnte die erste deutsche Gewinnerin des Saisonabschlussturniers seit 20 Jahren werden. 1996 hatte Steffi Graf ihren fünften und letzten inoffiziellen WM-Titel geholt.

Kerber mobilisierte im Halbfinale die letzten Kraftreserven - und agierte taktisch klug. Mit ihrer Vorhand nagelte sie Radwanska in den langen Ballwechseln immer wieder auf der Rückhand fest.

Selbst von vier Doppelfehlern im ersten Satz ließ sich "Angie" nicht entnerven und lag nach zwei Breaks mit 5:2 in Führung. Mit einem Returnfehler gab Radwanska den ersten Durchgang nach knapp 40 Minuten ab.

In der Folge vergab die Polin beim 1:1 gleich drei Chancen, um erstmals in Führung zu gehen. Stattdessen blieb Kerber weiter konstant, erkämpfte sich ein 4:1 und blieb auch danach cool.

Für Kerber wäre es nach ihren Triumphen in Melbourne im Januar und im September in New York der dritte ganz große Turniersieg 2016. Im April hatte die Linkshänderin zudem ihr Heimspiel beim Porsche Grand Prix in Stuttgart zum zweiten Mal in Folge gewonnen.

Auch in Singapur hatte Kerber nichts dem Zufall überlassen. Mit ihrem Team ging sie zum Dinner stets in dasselbe "Fusion Kitchen"-Lokal im weitläufigen Komplex des luxuriösen Marina-Bay-Sands-Hotels. "Ich habe fast immer den gleichen Ablauf und werde das auch nicht ändern", erklärte Kerber, die auf dem besten Weg ist, auch zum globalen Medienstar aufzusteigen.

Ein Kontrakt mit einer Versicherung wurde vor einigen Wochen abgeschlossen. Zwei, drei weitere Verträge mit großen und weltweit operierenden Sponsoren - für eine Marke wirbt auch Superstar Roger Federer - sind in der "Pipeline". Bei den Sportlerwahlen und TV-Jahresrückblicken wird die zweimalige Grand-Slam-Siegerin nach ihrem zweiwöchigen Urlaub bis Mitte November omnipräsent sein.

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