Australian Open in Melbourne Deutsche Herren mal wieder am Boden - Hoffnung ruht auf Frauen

Melbourne · In der Abenddämmerung von Melbourne saß Boris Becker sichtlich zufrieden in der Box der Rod-Laver-Arena. Nur wenige Stunden zuvor dürfte der Coach von Branchenführer Novak Djokovic (Serbien) das neuerlich schwache Abschneiden der deutschen Tennis-Männer bei den Australian Open allenfalls mit einem Schulterzucken quittiert haben.

Anna-Lena Friedsam bejubelt Zweitrunden-Sieg
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Friedsam bejubelt Zweitrunden-Sieg

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Foto: dpa, mi ms

Nach der Niederlage von Qualifikant Daniel Brands (Deggendorf) am Mittwoch gegen den Spanier Guillermo Garcia-Lopez (6:4, 1:6, 6:7, 3:6) steht erstmals seit 2011 kein DTB-Starter beim ersten Grand-Slam-Turnier des Jahres in der dritten Runde. Und das ausgerechnet zum Becker-Jubiläum: Vor 20 Jahren hatte der dreimalige Wimbledonsieger in Down Under seinen letzten von insgesamt sechs Grand-Slam-Titeln gewonnen.

Und deshalb hofft jetzt auch Davis-Cup-Teamchef Michael Kohlmann auf die sieben deutschen Frauen, die noch im Turnier sind und einmal mehr die Ehre des DTB retten müssen. Anna-Lena Friedsam schaffte am Mittwoch als Erste von ihnen den Sprung in die dritte Runde. Die Weltranglisten-82. aus Neuwied zeigte beim 6:3, 6:4 gegen Qiang Wang (China) eine solide Leistung und trifft nun auf US-Open-Finalistin Roberta Vinci (Italien/Nr. 13).

Mit seinen fünf im Hauptfeld gestarteten Spielern ging Kohlmann trotz allem nicht allzu hart ins Gericht. "Drei mussten gleich in der ersten Runde gegen Top-Acht-Spieler antreten. Da ist die Wahrscheinlichkeit groß, nicht weiterzukommen", sagte der Ex-Profi. Bei den vier Majors 2015 hatte zumindest immer ein Deutscher in der dritten Runde gestanden — dort war dann aber für alle Endstation.

"Alex wird seine Schlüsse ziehen"

Und dass der hochgelobte Alexander Zverev (18) noch ein bisschen Zeit benötigt, verdeutlichte seine klare Dreisatz-Niederlage gegen Davis-Cup-Sieger Andy Murray (Nr. 2) in Runde eins. "Diese Topleute sind noch ein gutes Stück weg, aber Alex wird seine Schlüsse ziehen", sagte Kohlmann über den Hamburger.

Die 21-jährige Friedsam indes freute sich nach ihrer "super Leistung" über ihren ersten Drittrunden-Einzug bei einem Grand-Slam-Turnier. "Anna-Lena hat sich toll entwickelt. Sie ist selbstbewusst und hat gezeigt, was sie kann", lobte Bundestrainerin Barbara Rittner die deutsche Meisterin.

"Kein Bäcker, kein Lokal, kein Geschäft"

Friedsam, die im 300-Seelen-Ort Oberdürenbach in der Eifel lebt, will jetzt ihren Auftritt auf der großen Bühne gegen Vinci genießen: "Da habe ich nichts zu verlieren. Ich freue mich unglaublich auf dieses Match auf einem großen Court", sagte die Power-Spielerin, für die das Reisen durch die große weite Tennis-Welt ein Kontrastprogramm zu ihrem Zuhause bietet. "Bei uns im Dorf gibt es Null-Komma-Null. Keinen Bäcker, kein Lokal, kein Geschäft", erzählte Friedsam schmunzelnd.

Wenn die Oberdürenbacher ihre wohl bekannteste Mitbewohnerin in diesen Tagen im TV sehen wollen, geht es zum gemeinsamen Public Viewing in ein Lokal nach Niederzissen. Friedsam liebt die Abgeschiedenheit ihrer Heimat. "Ich finde es schön, vom Vogelgezwitscher geweckt zu werden", sagt sie.

Die Favoriten gaben sich derweil am dritten Tag der "Aussie Open" keine Blöße. Roger Federer (Schweiz/Nr. 3) schlug beim 6:3, 7:5, 6:1 gegen Alexander Dolgopolow (Ukraine) 25 Asse, und im Dameneinzel zogen die topgesetzte Titelverteidigerin Serena Williams (USA) und Maria Scharapowa (Russland/Nr. 5) im Eiltempo in die dritte Runde ein. Williams benötigte für das 6:1, 6:2 gegen Hsieh Su-Wei (Taiwan) exakt eine Stunde. Elf Minuten länger brauchte Scharapowa, ehe das 6:2, 6:1 gegen Aliaksandra Sasnowitsch (Weißrussland) unter Dach und Fach war.

(sid)
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