Form-Check vor den Australian Open Favoritinnen machen schlapp — Chance für Kerber?
Düsseldorf · Vor den am Montag beginnenden Australian Open gleichen die Top Ten im Damentennis einem Lazarett. Fast alle Stars haben mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Die wiedererstarkte Weißrussin Wiktoria Asarenka könnte davon profitieren. Auch Angelique Kerber ist einiges zuzutrauen.
Die deutschen Hoffnungen beim ersten Grand-Slam-Turnier des Jahres ruhen besonders auf der Kielerin. Und die 27-Jährige, die in der Saisonvorbereitung an ihrem aggressiven Spiel und dem Aufschlag gearbeitet hat, war mit ihrem Auftakt ins olympische Jahr zufrieden. "Ich hatte eine tolle erste Woche und fühle mich gut mit der Art, wie ich spiele", sagte Kerber: "Aber ich muss mich noch etwas an den neuen Stil gewöhnen. Das wird in den nächsten Wochen passieren." Fed-Cup-Teamchefin Barbara Rittner traut ihrer Nummer eins einen Sieg bei einem Grand-Slam-Turnier zu. "Wenn sie ihr bestes Tennis spielt, hat Angie das Zeug dazu", sagte Rittner.
Während Kerber in Melbourne ein starkes Abschneiden zuzutrauen ist, darf man von Sabine Lisicki keine großen Dinge erwarten. Die Wimbledon-Finalistin von 2013 ist gerade erst von einer Knieverletzung zurückgekehrt. Zwei andere deutsche Damen wollen "down under" dagegen angreifen. Wir haben den Formcheck gemacht:
Serena Williams (USA/Weltranglistenposition 1): Die überragende Spielerin der vergangenen Jahre hat seit den US Open im September kein offizielles Match mehr über die volle Distanz bestritten. Während der Turnierpause im Dezember nahm sie an der Show-Liga IPTL teil. Beim Hopman Cup in Perth verzichtete sie wegen einer Knieverletzung auf ihr erstes Match und gab in der Partie gegen Jarmila Wolfe im zweiten Satz auf. Das Problem für die Konkurrenz: Selbst eine Williams bei halber Kraft ist für weite Teile der WTA-Tour noch zu gut.
Garbine Muguruza (Spanien/3): Anders als Halep trat die Spaniern in Brisbane zwar an, gab aber in ihrem ersten Spiel gegen Varvara Lepchenko (USA) auf, nachdem sie den ersten Satz verloren hatte. Als Grund gab sie eine Fußverletzung an. Weitere Turniere bestritt sie nicht.
Agnieszka Radwanska (Polen/4): Die Polin ist eine der wenigen Top-Spielerinnen, die in Form zu sein scheint. Nach ihrem Turniersieg im chinesischen Shenzhen sagte sie zwar ihre Teilnahme in Sydney ab. Das dürfte aber im Kalkül geschehen sein, sich optimal auf Melbourne vorzubereiten. Saisonübergreifend hat die Überraschungssiegerin des WTA-Finals nun drei Turniere in Folge genommen. In Sachen Selbstbewusstsein dürfte der 26-Jährigen derzeit niemand das Wasser reichen.
Maria Scharapowa (Russland/5): Nach ihrem Seuchenjahr 2015, in dem sie häufig pausieren musste und nur zwölf Turnier spielte, läuft es für die Russin auch zum Start der neuen Saison nicht rund. Wegen einer Verletzung des linken Arms sagte sie ihre Teilnahme in Brisbane kurzfristig ab und geht nun in die Australian Open, ohne im Vorfeld auch nur einen Ball in einem offiziellen Match geschlagen zu haben.
Petra Kvitova (Tschechien/6): Der Tschechin macht ein Magen-Darm-Virus zu schaffen. In ihrem ersten Match in Shenzhen musste sie aufgeben, in der Woche darauf in Sydney konnte sie erst gar nicht antreten. Gesundheitliche Probleme sind ihr nicht neu: Im vergangenen Jahr war die zweimalige Wimbledon-Siegerin am Pfeifferschen Drüsenfieber erkrankt.
Angelique Kerber (Deutschland/7): In Brisbane spielte die beste Deutsche bis zum Finale, in dem sie gegen Wiktoria Asarenka chancenlos war, stark auf. Auch ihr erstes Match in Sydney gewann sie, trat dann wegen Magen-Darm-Beschwerden aber nicht mehr an. Eine reine Vorsichtsmaßnahme. Kerber ist körperlich voll auf der Höhe.
Flavia Pennetta (Italien/8): Die US-Open-Siegerin aus Italien hat ihre Karriere mittlerweile beendet, auch wenn sie noch im Ranking geführt wird.
Lucie Safarova (Tschechien/9): Wegen einer bakteriellen Infektion fehlt die French-Open-Finalistin in Melbourne.
Venus Williams (USA/10): Beim Turnier in Auckland, wo sie Titelverteidigerin war, schied die ältere Schwester von Serena schon in der ersten Runde aus. Die Matchpraxis fehlt ihr also.
Wiktoria Asarenka (Weißrussland/16): Die frühere Weltranglisten-Erste ist nach zwei schwierigen Jahren, die geprägt waren von zahlreichen Verletzungen, auf dem Weg zurück in die Weltspitze. Das Vorbereitungstunier in Sydney gewann die 26-Jährige souverän. Bei den Wettanbietern ist sie nach Dominatorin Williams deshalb auch die Top-Favoritin auf den Titel.
Ana Ivanovic (Serbien/22): Zwei Turnier-Teilnahmen, zwei Erstunden-Niederlagen: Bei der Freundin von Bastian Schweinsteiger läuft es überhaupt nicht rund. In der Turnierpause habe sie eine Rücken-Verletzung auskuriert und sich mehr auf das Fitness-Trainings konzentriert, gibt sie als Begründung für die Formschwäche an. Ein frühes Aus in Melbourne wäre alles andere als überraschend.
Eugenie Bouchard (Kanada/47): Die junge Kanadierin will 2016 wieder angreifen. Nachdem sie im vergangenen Jahr zeitweise vergessen zu haben schien, wie man Matches gewinnt, und dann bei einem Sturz in der Umkleide bei den US Open eine Gehirnerschütterung erlitt, die sie bis Jahresende außer Gefecht setzte, gibt es kleine Verbesserungen zu verzeichnen. In Shenzhen schaffte sie es immerhin ins Viertelfinale. In Hobart steht sie sogar im Halbfinale.
Andrea Petkovic (Darmstadt/24): Die Darmstädterin, die im vergangenen Jahr bereits mit einem Rücktritt geliebäugelt hatte, arbeitet mit einem neuen Trainer zusammen: Jan de Witt, der auch den französischen Profi Gilles Simon betreut, soll sie wieder in Top-Form bringen. Die ersten Resultate geben vorsichtigen Anlass zu Optimismus. Für "Petko" steht ein Viertelfinale in Brisbane zu Buche.
Sabine Lisicki (Berlin/32): Lisicki musste ihre Saison im Vorjahr wegen einer Knieverletzung frühzeitig beenden. Und der Weg zurück ist nicht einfach. Beim Hopman Cup, bei dem sie an der Seite von Alexander Zverev für Deutschland antrat, verlor Lisicki alle ihre drei Einzel. Immerhin: In Sydney holte sie sich ihren ersten Sieg (gegen die Slowenin Polona Hercoq), doch in Runde zwei gegen Swetlana Kusnezowa (Russland) stand sie auf verlorenem Posten. Die Australian Open kommen für sie wohl noch zu früh.
Julia Görges (Bad Oldesloe/43): Görges, die genau wie Petkovic mit einem neuen Coach unterwegs ist, legte einen traumhaften Saisonstart hin. In Auckland erreichte sie das Finale, ihr erstes Endspiel seit 2012. Auch wenn das gegen Sloane Stephens verloren ging: Bei Görges stimmt die Frühform.