Australian Open Auch gegen Federer fiebert die ganze Familie Zverev mit

Düsseldorf · Mit Bruder Sascha und seinen Eltern zieht der Profi im Tennis-Zirkus um die Welt. Der Zusammenhalt hat ihn von Platz 1067 in der Rangliste ins Viertelfinale der Australian Open gebracht.

 Alexander (l.) und Mischa Zverev mit ihren Eltern Irina und Alexander Zverev senior.

Alexander (l.) und Mischa Zverev mit ihren Eltern Irina und Alexander Zverev senior.

Foto: Imago

Vielleicht bekommt Mischa Zverev eines Tages die silberne Vereinsnadel beim Düsseldorfer Rochusclub. Das wird noch ein paar Tage dauern, aber immerhin hat sich der Tennisprofi seit fast einem Jahrzehnt als Mitglied der Bundesliga-Mannschaft in Stellung gebracht. Und er hat früh erklärt, dass es ihm dabei sicher nicht in erster Linie ums Geld ging. "Ich gehöre zum Rochusclub", sagte er 2009, "ich spiele gern für Düsseldorf. Es ist keine Stadt, in die ich nur hinkomme, spiele und schnell wieder abhaue. Ich kann nur dort gut spielen, wo ich mich wohlfühle."

Zverev muss sich schon damals sehr wohl gefühlt haben, denn er bekleidete in der Weltrangliste den 45. Platz. In diese Höhen ist der 29-Jährige inzwischen zurückgekehrt, und er fühlt sich zurzeit in Melbourne besonders gut. Der ältere der beiden Tennis-Brüder steht zum ersten Mal in seinem langen Profileben in einem Grand-Slam-Viertelfinale. Heute (9 Uhr/MEZ) trifft er auf den einstigen Branchenführer Roger Federer, sein großes Idol.

Vom Schweizer hat Zverev nach eigener Einschätzung gelernt, "wie hart man in unserem Beruf arbeiten kann". Und es hat auch mit der Bewunderung für Federer zu tun, dass sich Mischa Zverev am Tiefpunkt der eigenen Karriere noch einmal aufraffte. Vor zweieinhalb Jahren war das. Er hatte eine Operation an seiner Schlaghand hinter sich, ein Jahr lang kein einziges ATP-Turnier gespielt, und er war auf Platz 1067 der Weltrangliste zurückgefallen.

So enden viele Geschichten aus dem Profisport. Mischa Zverevs begann noch einmal richtig. Dabei half ihm die Entwicklung seines zehn Jahre jüngeren Bruders Sascha. Der kleine Zverev spielte sich beim Hamburger Turnier ins Halbfinale, in der Stadt, die die Heimat der aus Moskau stammenden Familie wurde. Und Mischa stellte fest: "Wenn er das schafft, will ich es auch noch mal versuchen."

Die Eltern sind stets dabei

Mischa Zverev schafft Sensation gegen Andy Murray
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Er nahm den harten Weg über die kleinen Turniere abseits der großen Tennisshow, und er arbeitete sich Jahr für Jahr nach oben in der Weltrangliste. Die Familie gab ihm den Treibstoff auf diesem harten Rückweg. Die Brüder trainieren zusammen, gesunde Konkurrenz und gegenseitige Zuneigung machen beide stärker. Dass Vater Alexander Zverev und Mutter Irina "auf der Tour" ständige Begleiter sind, macht das Team noch besser. Die Eltern sind nicht nur große Fans ihrer Söhne, sie verstehen auch das Geschäft. Der Vater spielte für die Sowjetunion im Davis-Cup-Team, seine Frau schaffte es immerhin auf Platz 22 der Weltrangliste. "Es ist schön, die Familie im Training zu erleben. Das ist eine tolle Einheit", betonte der deutsche Tennis-Held Boris Becker. Er muss das wissen, denn er war in einem seiner vielen anderen Leben der Manager von Mischa Zverev.

In dieser Funktion konnte er sich nicht nur ein Bild von den manchmal schlummernden spielerischen Qualitäten des älteren Zverev machen, er lernte auch einen vorbildlich höflichen Kerl kennen. Für seine guten Umgangsformen wird Mischa Zverev von allen Begleitern des Tennis-Zirkus gerühmt. Gelegentlich ließ er in früheren Jahren die guten Manieren allerdings in der Kabine, und er wurde auf dem Court schon mal Opfer des eigenen Temperaments. Diese Zeiten sind vorbei.

Und auch die Verletzungsmisere, die ihn viele Jahre begleitet hat, scheint gerade noch rechtzeitig beendet zu sein. Das hilft ihm, sein großes Potenzial auszuschöpfen. Detlev Irmler war immer davon überzeugt. "Er bringt einfach so viel mit", sagte der 75-Jährige, einst Kapitän der deutschen Davis-Cup-Mannschaft und heute Rochusclub-Teamchef. "Er hatte nur unfassbar viel Pech." Zum Beispiel bei einem Turnier in München, an das sich Irmler gut erinnert. Beim Versuch, einen Stoppball zu erreichen, geriet Zverev ins Stolpern. Mit seinem Schläger brach er sich ein paar Rippen. Ein typischer Unfall.

Irmler glaubt, dass Mischa Zverev im Herbst der Karriere so gut ist, weil die Welt auf seinen Bruder schaut, dem allgemein ein Top-10-Platz vorhergesagt wird. "Das hat unheimlich viel Druck von Mischa genommen", erklärte Irmler. "Er spielt ein tolles Tennis. Als einer der wenigen auf der Tour geht es ihm nicht nur um die Verhinderung eigener Fehler, sondern er geht in die Offensive." Irmler glaubt, dass der Weg in Australien noch nicht zu Ende sein muss. Heute wird auch er schlauer sein.

(RP)
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