Djokovic scheidet bei den Australian Open aus Becker flüchtet in die Nacht von Melbourne

Melbourne · Die Australian Open endeten mit einer enttäuschenden Niederlage für das Gespann Becker/Djokovic. Jung-Coach Becker musste schmerzhaft erfahren, dass allein seine Aura in der Box keine engen Matches auf dem Platz entscheidet.

Becker sieht erste Niederlage von Djokovic
6 Bilder

Becker sieht erste Niederlage von Djokovic

6 Bilder

Boris Becker hatte die Gefahr erkannt, die Unruhe war der deutschen Tennis-Ikone deutlich anzusehen. Hektisch malträtierte Becker sein Kaugummi und fuhr sich immer wieder durchs rotblonde Haar. Die Gesten wirkten hilflos - und genau das war Becker bei der überraschenden Niederlage seines Schützlings Novak Djokovic im Viertelfinale der Australian Open.

Beckers Einfluss als Trainer ist begrenzt, das musste der dreimalige Wimbledonsieger in Melbourne schmerzlich erfahren. Der 46-Jährige sah die entscheidenden Momente im vierstündigen Drama mit Djokovic und dem Schweizer Stanislas Wawrinka in den Hauptrollen kommen, ihm selbst blieb kaum mehr als der Part des Statisten. Eigentlich war auch der große Boris Becker nicht mehr als ein Zuschauer.

"Das kann passieren"

"Novak hat 7:9 im fünften Satz verloren — das kann passieren. Das ist keine Schande", sagte der 46-Jährige, nachdem er fluchtartig die Anlage verlassen hatte. Auf dem Weg ins Hotel analysierte Becker: "Novak hat eineinhalb Sätze stark gespielt. Dann hat Wawrinka ein unglaubliches Niveau erreicht. Im fünften Satz sah es wieder gut aus, Novak war Break vor, doch dann hat er vier Vorhände ohne Not verschlagen."

6:2, 4:6, 2:6, 6:3 und 7:9 lauten die nackten Zahlen einer faszinierenden Partie, die mit einem einfachen Fehler des Serben endete. Djokovic spielte beim Matchball gegen sich Serve and Volley, so wie es Becker einst bis zur Perfektion praktiziert hatte. Im letzten von 314 gespielten Punkten setzte Djokovic den Flugball einen Meter neben die Linie ins Aus, seine Serie war gerissen, die Hoffnungen auf den vierten Melbourne-Titel in Folge mit einem Schlag zerbröselt.

Die Niederlage des Hartplatz-Dominators ist natürlich auch eine Niederlage für den Trainer Becker. Darauf hatte er sich eingelassen, als er sein Leben mit fragwürdigen TV-Auftritten und endlosen Tweets gegen die Rückkehr auf den Tenniscourt, in sein ureigenes Ressort, tauschte. Verantwortlich ist Becker allerdings nicht für den verschlagenen finalen Volley seines Schützlings.

"Es war das erste offizielle Turnier für uns", sagte Djokovic: "Ich bin zufrieden mit den Dingen, die wir besprochen haben und an denen wir arbeiten. Natürlich ist es unglücklich, dass wir bereits im Viertelfinale rausgeflogen sind, aber wir stehen ja erst am Anfang der Saison." Djokovic bittet um Zeit, und die muss das Gespann bekommen. Allerdings hatte das Duo mit seinen öffentlichen Auftritten in Melbourne mehr Erwartungen geschürt als jede andere Topstar-Altmeister-Kombination. Und darin liegt die Gefahr.

"Wenn jemand vorbeikommt, der mal die Nummer eins war, dann wird ihm Platz gemacht. Das bedeutet 15:0 für den Spieler", hatte Becker gesagt. Dumm nur, dass Wawrinka ganz und gar keinen Platz machte. Keinen Zentimeter wich der große Kämpfer von seiner Linie ab - ihm war es egal, ob Becker aus der Box oder Djokovic auf dem Platz die Aura der Champions ausstrahlten.

Dass "Stan the Man" dann allerdings nachts um zwei Uhr keine Massage mehr bekam, weil sämtliche Physiotherapeuten Stunden zuvor die Anlage verlassen hatten, unterscheidet ihn vielleicht doch noch von den ganz Großen. "Danke, Jungs, großartige Organisation", twitterte Wawrinka frustriert zu recht später Stunde. Da war von Becker längst keine Rede mehr.

(sid)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort