Davis Cup Deutsches Tennis-Team erkämpft sich Respekt

Nancy/Düsseldorf · Gegen Frankreich hat Kapitän Carsten Arriens viele bislang unbekannte Spieler aufgeboten und wurde für den Mut belohnt.

Davis Cup 2014: Peter Gojowczyk verliert entscheidendes Einzel
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Davis Cup 2014: Peter Gojowczyk verliert entscheidendes Einzel

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Foto: afp, JCV/MS

Carsten Arriens steht da und lächelt. Es ist das Lächeln von einem, der gerade mit seinem Tennisteam im sportlichen Wettstreit verloren, aber etwas viel Wichtigeres zurückgewonnen hat: den Respekt. Im "Palais des Sports Jean Weille" im französischen Nancy hat die deutsche Auswahl im Viertelfinale des Davis Cups gegen die Hausherren 2:3 verloren. Viele hatte mit einem Debakel gehobener Klasse gerechnet. Doch alles ist anders gekommen. Bislang hierzulande weitestgehend unbekannte Spieler haben ihr Bestes gegeben, waren am ersten Tag gar 2:0 in Führung gegangen und sind am Ende nur knapp gescheitert. Sie haben es aber geschafft, dass über ihre Sportart endlich wieder mit einem positiven Anstrich gesprochen wurde. Das ist besonders erwähnenswert, weil in den vergangenen Wochen mal wieder eine Peinlichkeit die nächste jagte. Diesmal ging es wohltuend nur um Tennis.

Dementsprechend aufgeräumt sagt Arriens in seiner unmittelbaren Aufarbeitung der Ereignisse: "Wir haben alles probiert, die anderen waren besser." Zwei Monate nach dem Eklat von Frankfurt gilt es sich an neue Namen zu gewöhnen. Tobias Kamke, Peter Gojowczyk, André Begemann und Jan-Lennard Struff stehen für den Neuanfang im deutschen Herrentennis. Es ist noch ein weiter Weg bis zur internationalen Klasse. Kamke wird an Position 96 der Weltrangliste notiert, Gojowczyk steht gar nicht in den Top-100. Frankreich konnte in Jo-Wilfried Tsonga (12.) und Gael Monfils (25.) zwei andere Kaliber aufbieten.

Deutschlands nominelle Top-Kräfte stehen nicht mehr oder nur unter Vorbehalt zur Verfügung. In der Mainmetropole hatten Tommy Haas, Philipp Kohlschreiber und Florian Mayer für einen Eklat gesorgt, weil sich niemand fand, der im bedeutungslos gewordenen letzten Einzel gegen Spanien antreten wollte. Und auch beim so genannten Versöhnungstag vor einer Woche geriet der Deutsche Tennis-Bund (DTB) durch seine unkooperativen Spitzenspieler in gehörige Turbulenzen. Die fühlten sich nicht ausreichend wertgeschätzt. Vor allem Kohlschreiber ließ keine Möglichkeit aus, sich als Opfer zu inszenieren, das ständig falsch verstanden wird. Eine Sicht der Dinge, die er exklusiv vertritt.

Arriens hat lange die offene Konfrontation gescheut. Denn letztlich wird er auch an Ergebnissen gemessen. Und so wirkte er in seiner Rolle mehr als Vermittler denn als echter Entscheidungsträger. Er versuchte, Individualisten zu einem Team zu formen. Das konnte einfach nicht funktionieren, weil auf der anderen Seite nur bedingtes Interesse daran bestand. Tennis ist ein Einzelsport. Die Spieler reisen ein Großteil des Jahres auf eigene Rechnung durch die Welt. Sie tun sich schwer damit, ihre Freiheiten aufzugeben — auch weil der Verband es nie verstanden hat, ihnen Anreize für den Dienst an der nationalen Aufgabe zu machen. Damit ist nicht unbedingt Geld gemeint. Aufmerksamkeit, Vermarktungsmöglichkeiten, gemeinsame Betreuung, das alles konnte und wollte der DTB bislang nicht leisten.

Die Franzosen gehen andere Wege und bündeln seit Jahren ihre Kräfte. In gemeinsamen Trainingscamps bereiten sie sich auf Turniere vor. In Nachwuchsakademien werden die größten Talente der Grande Nation gefördert. Das alles gibt es in Deutschland nicht oder nur sehr bescheiden ausgeprägt. Zumeist wird angeführt, Geld stünde für solche Projekte nicht zur Verfügung. Die von Alexander Waske und Rainer Schüttler betriebene Tennis-Akademie in Offenbach demonstriert dagegen eindrucksvoll, dass es durchaus auch am hiesigen Standort möglich ist. Mitglieder in der "University" sind unter anderem Angelique Kerber, Andrea Petkovic und der Serbe Janko Tipsarevic.

Arriens durfte sich bestätigt fühlen, nicht bis kurz vor dem Ende der Nominierungsfrist auf ein Ja des am Ellenbogen verletzten Kohlschreiber gewartet zu haben. Mit seiner bewussten Entscheidung gegen den umstrittenen Augsburger setzte er ein Zeichen. Wie es nun weitergeht, ist noch offen. Er werde mit dem Weltranglisten-24. "zeitnah Kontakt aufnehmen und dann sehen, ob er ein Teil des Teams sein kann", sagte Arriens. "Das sehe ich momentan kritisch." Auch eine Rückkehr von Haas gilt als wenig wahrscheinlich. Einzig der Bayreuther Mayer konnte beim Neuaufbau ein wichtiger Baustein werden.

Die nächste Partie im Davis Cup steht für das deutsche Team erst im kommenden Februar auf dem Programm.

(RP)
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