Petkovic im Halbfinale der French Open Die richtige Zeit, der richtige Ort

Düsseldorf · Andrea Petkovic hat mit einer tadellosen Leistung zum ersten Mal ein Halbfinale bei einem Grand-Slam-Turnier erreicht. Dass ihr das bei den diesjährigen French Open gelingt, überrascht nur bedingt. Nun kann sie sogar vom ganz großen Wurf träumen.

Andrea Petkovic zieht ins Halbfinale der French Open ein
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Es ist ein wenig länger als zwölf Monate her, da wollte Andrea Petkovic eigentlich gar nicht mehr Tennis spielen: "Ich war an einem Punkt, wo ich alles hinschmeißen wollte", sagte die 26-Jährige. Petkovic verlor damals gegen die Chinesin Zhou Yimiao, mittlerweile auf dem Weltranglistenplatz 264, in drei hart umkämpften Sätzen. Das Preisgeld von 6234 Dollar und 40 Ranglistenpunkte – geschenkt. Frustriert verließ die Darmstädterin Paris und die French Open.

Doch das Leben Petkovic' hat seit ein paar Jahren wenig Verschnaufpausen eingelegt, ein solch abruptes Ende ihrer Karriere wäre recht unpassend gewesen. Nach den schwerwiegenden Verletzungen ab 2012 und dem Absturz in der Weltrangliste musste sie sich in Geduld üben, aber ausgerechnet nach dem enttäuschenden Ausscheiden bei den French Open 2013 ging es aufwärts. Eine Woche später gewann sie problemlos das ITF-Turnier in Frankreich, zwei weitere Finals bei großen WTA-Veranstaltungen folgten in den kommenden Monaten.

Petkovic unter den letzten Acht in Paris
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Stars fliegen reihenweise aus dem Turnier

Mittlerweile steht Petkovic wieder auf Platz 27 der Weltrangliste, ein großer Vorteil auf der Tennis-Tour: Man umgeht die harten Matches in den ersten Runden. Besonders gut funktioniert das bei dem diesjährigen Grand Slam in Paris. Die ehemalige Weltranglistenerste Caroline Wozniacki, die spielstarke Russin Anastassija Pawljutschenkowa und die French-Open-Siegerin von 2011 Li Na – sie alle waren potentielle Gegnerin Petkovic' früh im Turnier, aber alle schieden vorab aus.

Während sich die Deutsche also als Favoritin in die nächsten Runden kämpfte, nahmen weitere Stars ihren Hut: Serena Williams, Agnieszka Radwanska oder Petra Kvitova scheiterten überraschend. Man wagte es kaum zu sagen, aber insgeheim wusste der Petkovic-Fan: Die Chancen auf einen Überraschungscoup stiegen von Runde zu Runde. Auch die Deutsche war sich dessen bewusst: "Ich komme nicht aus dem Nirgendwo ins Halbfinale. Es ist nicht super, super überraschend."

French Open: Roger Federer verliert überraschend gegen Ernests Gulbis
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Federer verliert überraschend gegen Gulbis

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Wichtige Sternstunde gegen Errani

Eine weitere Titelaspirantin scheiterte an Petkovic höchstpersönlich, die Italienerin Sara Errani wurde von der Deutschen auf dem rund 15.000 Zuschauer fassenden "Court Philippe Chatrier" größtenteils vorgeführt. Ein Ausrufezeichen zur richtigen Zeit, auch für die 26-Jährige.

"Das gibt mir Selbstvertrauen und macht mich glücklich", erklärte sie nach dem Match. Mit dem Erfolg hat sie gezeigt, dass sie spielerisch mit den Topspielern mithalten kann. Nun tummeln sich eben diese – mit Ausnahme des Jungstars Eugenie Bouchard – in der Vorschlussrunde.

Die Siegesserie ist derweil eine Kombination aus zwei herausragenden Fähigkeiten ihrerseits. Einerseits ist Petkovic eine zwar limitierte Tennisspielerin, jedoch gleicht sie das vor allen Dingen mit ihrer Cleverness aus. Viel wurde schon über ihr außergwöhnlich gutes Abitur gesprochen, auch ist bekannt, dass sie neben ihrer Tenniskarriere ein Fernstudium absolviert. Petkovic besitzt aber zusätzlich eine Spielintelligenz, die auf den Tennisplätzen dieser Welt weitaus wichtiger ist. Nach dem klaren Sieg gegen Errani erklärte sie passenderweise: "Ich habe taktisch einfach sehr, sehr gut gespielt. Ich war in der Lage, von Anfang bis Ende meinen Spielplan durchzuziehen."

Andererseits spielt sie ihre Gegnerinnen mürbe. Petkovic ist eine Kämpferin, topfit und bereit, alles Erdenkliche zu tun, um Punkt für Punkt den Sieg zu holen. Eben damit hat sie einen großen Vorteil gegenüber vieler Konkurrentinnen, deren Kondition ausreichend bis mangelhaft ist. Der Belag bei den French Open, die Asche, kommt ihr zugute. Das Spiel ist langsamer, die Ballwechsel länger.

Einer der wenigen schlechten Neuigkeiten: Ihre kommende Gegnerin, Simona Halep, kann ebenso wie Petkovic mit breiter Brust in die Partie gehen. Sie gewann mühelos gegen Swetlana Kusnezowa. Das letzte Aufeinandertreffen entschied die Rumänin für sich. Das war aber vergangenes Jahr. Da wollte Petkovic ja auch noch mit dem Tennis aufhören.

(cfk)
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