Sternstunde im Viertelfinale der French Open Petkovic: "Ich weiß nicht, was passiert ist"

Nach dem Regenchaos von Paris hat Andrea Petkovic ihre persönliche Sternstunde erlebt und sich den Traum vom ersten Grand-Slam-Halbfinale erfüllt. Dank eines perfekten Matches zog die Darmstädterin durch ein 6:2, 6:2 gegen die ehemalige Finalistin Sara Errani aus Italien in die Vorschlussrunde der French Open ein und wandelt auf den Spuren von Steffi Graf.

Andrea Petkovic zieht ins Halbfinale der French Open ein
17 Bilder

Andrea Petkovic zieht ins Halbfinale der French Open ein

17 Bilder

"Ich weiß nicht, was passiert ist. Das ist unglaublich, ich bin sehr glücklich und liebe Paris", erklärte die 26-jährige Petkovic bei Eurosport, nachdem sie nach nur 63 Minuten ihren ersten Matchball verwandelt und ihren fast fehlerlosen Auftritt gekrönt hatte.

Nach ihrer beeindruckenden Demonstration der Stärke ballten in der Petkovic-Box Coach Eric van Harpen und Fed-Cup-Teamchefin Barbara Rittner jubelnd die Fäuste. "Das war das perfekte Match im bisher wichtigsten Spiel ihres Lebens. Der Schlüssel war der Rückhand-Longline-Schlag", sagte Rittner dem SID und war stolz auf die so oft vom Verletzungspech gebeutelte Hessin.

Die Weltranglisten-27. steht damit als erste Deutsche nach Steffi Graf 1999 in der Vorschlussrunde von Roland Garros. Im Halbfinale trifft Petkovic bereits am Donnerstag auf Simona Halep (Rumänien/Nr. 4), die die einstige Paris-Gewinnerin Swetlana Kusnezowa (Russland/Nr. 27) mit 6:2, 6:2 besiegte.

Endlich im Halbfinale

Nach zuvor drei verlorenen Major-Viertelfinals (Melbourne, Paris, New York 2011) gelang Petkovic nun im vierten Anlauf zum ersten Mal der Sprung unter die letzten Vier. "Während meiner Verletzungspausen ist mir bewusst geworden, wie wichtig mir dieses Grand-Slam-Turniere sind. Hier will ich mein Bestes zeigen", meinte Petkovic.

Steffi Graf hatte das bedeutendste Sandplatzturnier der Welt als bislang letzter deutscher Tennisprofi vor 15 Jahren gewonnen und dabei den letzten ihrer insgesamt 22 Grand-Slam-Titel geholt.

Der Beginn des Spiels am Mittwoch hatte sich wegen Dauerregens um drei Stunden verzögert. Auf dem mit rund 9000 Zuschauern gefüllten Court Philippe Chatrier erwischte Petkovic bei windigen Verhältnissen einen schlechten Start und gab gleich ihr erstes Aufschlagspiel ab.

Doch in der Folge gewann die Fed-Cup-Spielerin in den Grundlinienduellen trotz anfänglichen Nieselregens zunehmend an Stabilität und diktierte fortan die Ballwechsel. Mit ihrem dritten Break und dem sechsten Spielgewinn in Serie holte sich Petkovic den ersten Satz nach nur 27 Minuten, als sie von einem Vorhandfehler der Weltranglistenelften Errani profitierte, die 2012 das Finale von Paris gegen Maria Scharapowa (Russland) verloren hatte.

Trainingssimulation macht sich bezahlt

Auch danach blieb Petkovic, die gegen Errani erst vor knapp vier Wochen in Madrid (5:7, 1:6) verloren hatte, die druckvollere Spielerin. Die ehemalige Nummer neun der Welt attackierte immer wieder den schwachen Aufschlag der kleinen Italienerin, den Petkovics Vater Zoran am Tag zuvor im Training prächtig simuliert hatte.

Als erste der beiden Spielerinnen brachte Petkovic im zweiten Satz ihr Service zum 3:2 durch. In ihrem ersten Grand-Slam-Viertelfinale seit September 2011 punktete sie immer wieder mit der Rückhand die Linie entlang und nahm Errani das Aufschlagspiel zum 4:2 ab.

Als Petkovic unmittelbar danach nervenstark zwei Breakbälle abwehrte, waren die Weichen auf Sieg gestellt. Dem Matchball folgte ein Freudensprung. Den "Petko-Dance" aber zeigte die frischgebackene Paris-Halbfinalistin nicht. Vor einem Jahr hatte sie ausgerechnet im Stade Roland Garros ihre Karriere beenden wollen, nachdem sie in der Qualifikation verloren hatte. "Ich bin so froh, dass ich es nicht gemacht habe", sagte "Petko".

Während der Regenverzögerung hatte die Darmstädterin in der Players Lounge Zeit mit ihren Fed-Cup-Kolleginnen Julia Görges (Bad Oldesloe) und Anna-Lena Grönefeld (Nordhorn) verbracht, die beide auf ihre Einsätze im Mixed-Halbfinale warteten.

Nun ist Petkovic endgültig auf der ganz großen Bühne. Sehr zur Freude der internationalen Medienschar, die mit dem Charakterkopf gerne über Goethe und Nietzsche plaudert. In der L'Equipe hatte Petkovic am Mittwoch verraten, dass sie Barack Obama und Angela Merkel gut findet.

Auch auf dem Court traut Rittner der Fernstudentin mit Blick aufs Halbfinale noch einiges zu. "Andrea ist extrem bereit, für etwas hart zu arbeiten. Aber sie kann sich noch steigern, wenn ich sehe, was sie im Training teilweise spielt", sagte Rittner.

(sid)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort