Pleite bei den French Open Bouchard: Kein Ende der Identitätskrise in Sicht

Von Ulrike Weinrich · Eugenie Bouchard wurde bereits als kommende Nummer eins der Tennis-Welt gefeiert. Nach einer Niederlagen-Serie ist die Kanadierin durch die Erstrundenschlappe bei den French Open an einem Tiefpunkt angelangt.

 Eugenie Bouchard musste bei den French Open eine frühe Niederlage einstecken.

Eugenie Bouchard musste bei den French Open eine frühe Niederlage einstecken.

Foto: dpa, sam

Mit versteinerter Miene saß Eugenie Bouchard auf dem Podium im großen Presseraum im Stade Roland Garros. Wieder verloren, wieder enttäuscht - die Talfahrt des Tennis-Jungstars aus Kanada fand auch bei den French Open ihre Fortsetzung.

Auf ihrer sonst so makellosen Stirn zeichneten sich nach dem ersten Erstrunden-K.o. bei einem Grand-Slam-Turnier Sorgenfalten ab. "Ehrlich gesagt, weiß ich gar nicht, was ich sagen soll", meinte die Weltranglistensechste: "Ich habe mich heute wie zuletzt immer gefühlt: Als wäre ich eine andere Person." Eine ausgewachsene Identitätskrise also.

Nach dem 4:6, 4:6 gegen die gefeierte Lokalmatadorin Kristina Mladenovic (Frankreich/Nr. 44) sprach die letztjährige Paris-Halbfinalistin Bouchard (21) dann auch von einem "kleinen Tiefpunkt". Sie sei "momentan weit weg" von dem, was sie eigentlich spielen könne.

Dabei hatte keine Geringere als Ikone Chris Evert (60) der Aufsteigerin der vergangenen Saison ein Traumjahr 2015 prognostiziert. Denn: "Genie ist robust wie Marmorstein." Mittlerweile dürfte auch die große Dame des Tennissports ihre Einschätzung etwas relativiert haben.

"Miss Perfect" Bouchard jedenfalls erinnert derzeit auf dem Court eher an einen instabilen Klapptisch als an das edle und widerstandsfähige Gestein. Seit Ende März hat die Wimbledon-Finalistin von 2014 inklusive der zwei Fed-Cup-Partien im April sieben Pleiten in acht Matches kassiert. Auf Sand reichte es nur zu einem Sieg in fünf Spielen.

Dabei setzte sich auch Bouchard, die viele bereits als die künftige Nummer eins gefeiert hatten, immens hohe Ziele. "Ich hatte von mir eine bessere Saison erwartet als noch im letzten Jahr", sagte sie - und bekannte: "Ich hasse es zu verlieren." 2014 hatte sie sich binnen zwölf Monaten von Platz 32 auf Rang sieben verbessert.

Bislang hat Bouchard mit ihrem neuen Trainer Sam Sumyk keinen Weg aus der schwersten Krise ihrer bisherigen Karriere gefunden. "Der öffentliche Druck auf sie ist natürlich gestiegen", meinte die ehemalige Weltranglistenerste Martina Navratilova: "Damit muss sie erst einmal klarkommen."

Selbst eine wie sie, möchte man ergänzen. Dass die so abgezockt wirkende Bouchard, die oft auf dem gefährlich Grat zwischen Selbstbewusstsein und Arroganz wandelt, damit nicht aus dem Stegreif klarkommt, überrascht viele Experten.

Allzu voreilige Kritiker behaupten, der im letzten Jahr abgeschlossene Millionen-Deal mit dem Vermarktungsriesen IMG hätte der 1,78 Meter großen Blondine den Kopf verdreht. Zumal dieser auch einen Model-Vertrag beinhaltet. "Wer mich kennt, der weiß, dass für mich nur Tennis zählt. Und der Erfolg", entgegnet Bouchard gebetsmühlenartig den Vorwürfen. Und Jungs? "Die ignoriere ich." Alles für den Erfolg.

Überhaupt fällt die aus Montreal stammende Kanadierin abseits des Courts immer wieder durch recht eigenwillige Verhaltensweisen auf. Stichwort "Handshake Gate": Vor ein paar Wochen verweigerte sie vor dem Fed-Cup-Duell gegen Rumänien ihrer Gegnerin Alexandra Dulgheru den Handschlag. Begründung: "Ich glaube einfach nicht daran, dass es gut ist, meiner Kontrahentin vor dem Spiel Glück zu wünschen." Es war nicht das erste Mal, dass Bouchard sich nicht ans Protokoll hielt.

Bouchards Coach Sumyk glaubt aber weiterhin an seinen Schützling. "Du hast verschiedene Möglichkeiten in schweren Zeiten. Entweder du wirst depressiv und springst von einer Brücke. Oder du schlägst zurück, wenn du Charakter hast", sagte Sumyk der "L'Equipe": "Und ich glaube, meine Spielerin hat einen großen Charakter."

(sid)
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