French Open Das sind die Favoriten — das sind die Sorgenkinder

Düsseldorf · Bei den Herren peilt Rafael Nadal auf die historische "Décima", bei den Damen scheint das Feld offen wie selten zuvor. Doch wer ist bei den French Open wirklich reif für den Titel? Und dürfen sich die deutschen Fans Hoffnungen machen? Wir haben den Check gemacht.

Fragen und Antworten zu den French Open 2017
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Foto: rtr, BT/KTS

Bei den Herren peilt Rafael Nadal auf die historische "Décima", bei den Damen scheint das Feld offen wie selten zuvor. Doch wer ist bei den French Open wirklich reif für den Titel? Und dürfen sich die deutschen Fans Hoffnungen machen? Wir haben den Check gemacht.

HERREN

  • Topfavorit Der Sandplatzkönig ist wieder da — und will seinen Thron zurück. Rafael Nadal präsentiert sich nach zwei schwächeren Jahren 2017 wieder in Topform. Vielleicht sind die Beine nicht mehr ganz so schnell wie zu den Zeiten, als er auf Sand schier unbesiegbar schien. Doch Nadals Topspin, das fast fehlerlose Spiel und die Winkel in seinen Schlägen machen ihn noch immer zum unangenehmsten Gegner auf diesem Belag. Der Spanier gewann drei der vier Vorbereitungsturniere, bei denen er antrat, bezwang dabei unter anderem zum ersten Mal seit 2014 Novak Djokovic. In Monte Carlo und Barcelona holte er sich jeweils zum zehnten Mal den Titel. Das soll nun auch in Paris klappen. Mit "La Décima" würde er sich auf der roten Asche von Roland Garros endgültig ein Denkmal setzen.
  • Titelverteidiger Novak Djokovic ist die große Unbekannte. Der Serbe schwächelt seit seinem lange ersehnten Triumph im vergangenen Jahr, durchlebte gar eine Sinnkrise. Zu Beginn der Sandplatzsaison tauschte er sein komplettes Trainerteam aus, in Paris wird er erstmals von Andre Agassi betreut. In Rom hat der "Djoker" bei seinem Finaleinzug angedeutet, dass man ihn nicht zu früh abschreiben sollte.
  • Größte deutsche Hoffnung Es ist die Erkenntnis der letzten Wochen: Deutschland hat endlich auch bei den Herren wieder ein ganz heißes Eisen im Feuer. Mit seinem Triumph beim Vorbereitungsturnier in Rom, wo er im Finale Djokovic keine Chance ließ, spielte sich Alexander Zverev in den erweiterten Favoritenkreis. Vielleicht kommt Paris noch ein kleines bisschen zu früh, aber daran, dass Zverev in nicht allzu ferner Zukunft ein Grand-Slam-Turnier gewinnen kann, zweifelt in der Branche kaum jemand. In der ersten Runde gegen den unberechenbaren Spanier Fernando Verdasco muss Zverev aber gleich voll da sein.
  • In Lauerstellung Definitiv zu rechnen sein wird in Paris mit Dominic Thiem. Der Österreicher musste sich in Barcelona und Madrid jeweils erst im Finale Nadal geschlagen geben, den er dann im Viertelfinale von Rom besiegte. Sein Kick-Aufschlag und die wohl härtesten Topspin-Schläge der Welt sind auf Sand besonders gefährlich. Auch der Belgier David Goffin spielte eine überzeugende Vorbereitung. Stan Wawrinka (Schweiz), der 2015 am Bois de Boulogne triumphierte, zündet bei den Grand-Slam-Turnieren gerne den Turbo. Nur minimale Chancen dürften sich Jo-Wilfried Tsonga (Frankreich), Kei Nishikori (Japan) oder Milos Raonic (Kanada) ausrechnen.
  • Sorgenkind Auf dem Papier ist er noch der beste Tennisspieler der Welt, auf dem Platz konnte Andy Murray das in diesem Jahr aber noch nicht unter Beweis stellen. Der Schotte hat noch keinen Titel gewonnen und bei den Vorbereitungsturnieren auf Sand lief es überhaupt nicht rund. In der Woche vor Roland Garros plagte ihn zu allem Überfluss dann auch noch ein grippaler Infekt.
  • Und die anderen Deutschen? Neben Zverev starten noch dessen älterer Bruder Mischa Zverev, Philipp Kohlschreiber, Dustin Brown, Jan-Lennard Struff und Florian Mayer im Hauptfeld. Kohlschreiber ist der beste Sandplatzspieler, enttäuschte aber in der Vorbereitung. Einen besseren Eindruck hinterließ Struff, für den das Erreichen der zweite Woche ein Riesenerfolg wäre. Mischa Zverev mag die rote Asche überhaupt nicht, holte sich aber beim Turnier in Genf in der Woche vor Roland Garros durch seinen Finaleinzug Selbstvertrauen. Bei der Auslosung hat es die Deutschen knüppeldick erwischt. Brown, Kohlschreiber und Struff müssen alle gegen gesetzte und namhafte Spieler ran. Mischa Zverev bekommt es mit einem Qualifikanten zu tun.

DAMEN

  1. Topfavoritin Selten war das Feld bei einem Grand-Slam-Turnier so offen wie in diesem Jahr in Paris. Insofern gibt es auch keine haushohe Favoritin. Bei den Buchmachern ganz oben steht aber Simona Halep. Die Rumänin stand vor drei Jahren in Paris im Finale, das sie gegen Maria Scharapowa verlor. Die Russin fehlt in Paris genauso wie Serena Williams. Die große Chance für Halep? Die Form stimmt jedenfalls: Das Vorbereitungsturnier in Madrid gewann sie, in Rom schaffte sie es bis ins Finale. Nur eine Knöchelverletzung, die sie sich im Endspiel von Rom zuzog, macht Sorgen.
  2. Titelverteidigerin Die Spanierin Garbine Muguruza holte sich im vergangenen Jahr überraschend den Titel, seitdem blieben die großen Erfolge aus. Beim letzten Vorbereitungsturnier in Rom zeigte sie ansteigende Form, musste dann im Halbfinale aber verletzt aufgeben. Sie müsste sich deutlich steigern, wenn es mit der Titelverteidigung klappen soll. In der ersten Runde bekommt sie es mit Francesca Schiavone zu tun, ebenfalls eine frühere Paris-Siegerin.
  3. Größte deutsche Hoffnung Nach dem Ausfall von Laura Siegemund — die Stuttgarterin erlitt wenige Tage vor Beginn der French Open einen Kreuzbandriss — muss erneut Angelique Kerber die schwere Last als einzige deutsche Titelanwärterin tragen. Kerber tut sich im Jahr 2017 aber immens schwer, kann die Erwartungshaltung als Nummer eins der Welt nicht erfüllen. Hinzu kommt, dass Sand alles andere als ihr Lieblingsbelag ist. In die zweite Woche zu kommen, wäre für Kerber in ihrer aktuellen Form wohl schon als Erfolg zu werten. Die Auftakthürde gegen die Russin Jekaterina Makarowa ist knifflig.
  4. In Lauerstellung Die Französin Kristina Mladenovic macht sich nach einer starken Vorbereitung Hoffnungen bei ihrem Heimturnier. Genau wie Rom-Siegerin Jelina Switolina (Ukraine). Auch die Russin Swetlana Kusnezowa ist gut in Form, sie hat das Turnier 2009 schon gewonnen. Karolina Pliskova spielt zwar ein starkes Jahr, fühlt sich aber auf Sand nicht sonderlich wohl. Gut möglich, dass jemand gewinnt, den niemand auf der Rechnung hat.
  5. Sorgenkind Böse Zungen würden sagen: das halbe Teilnehmerfeld. Aus deutscher Sicht ist neben Kerber aber Andrea Petkovic das große Sorgenkind. Die Halbfinalistin von 2014 hat auf Sand in diesem Jahr nur Qualifikations-Spiele gewonnen. Im Hauptfeld setzte es vier Erstrunden-Niederlagen in Serie. In der Weltrangliste ist sie auf Platz 77 abgerutscht.
  6. Und die anderen Deutschen? Neben Kerber und Petkovic stehen noch Mona Barthel, Julia Görges, Andrea Beck, Carina Witthöft und Tatjana Maria im Hauptfeld. Barthel kommt nach ihrer langen Krankheit wieder in Form, gewann auf Sand das Turnier von Prag. Ihr ist am ehesten ein gutes Abschneiden zuzutrauen, aber in Runde zwei könnte Switolina warten. Enttäuschend für den DTB: Weder bei den Herren noch bei den Damen schaffte es ein deutscher Vertreter durch die Qualifikation.
(areh)
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