Jelena Ostapenko Ein tanzender Teenager mischt die French Open auf

Paris · Jelena Ostapenko gegen Timea Bacsinszky: Der lettische Teenager gegen die Schweizerin mit der schweren Kindheit. Das French-Open-Halbfinale der beiden Geburtstagskinder hat es in sich.

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Ostapenko zieht überraschend ins Halbfinale ein

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Foto: afp

Eigentlich hatte Jelena Ostapenko für ihren 20. Geburtstag ganz andere Pläne. Die forsche Lettin mit der jugendlichen Unbekümmertheit, die eher aussieht wie eine Zwölfjährige, wollte im kleinen Kreis feiern. Doch jetzt kommen Tausende Gäste zu ihrer Party.

Am Donnerstag wird die ungesetzte Ostapenko auf der großen Bühne von Roland Garros um den Einzug ins French-Open-Endspiel spielen. Sie, die Nummer 47 der Welt, die auf der WTA-Tour noch keinen einzigen Titel geholt hat - und im laufenden Turnier insgesamt 195 Winner in fünf Matches abfeuerte. "Ich hatte eigentlich nicht damit gerechnet, jetzt überhaupt noch in Paris zu sein", sagte die ehemalige Turniertänzerin mit der Vorliebe für den Samba.

Vor drei Jahren saß Ostapenko bei den French Open noch als Junioren-Spielerin bei ihrem Landsmann Ernests Gulbis in der Box und verfolgte dessen ähnlich überraschenden Lauf bis ins Halbfinale. Nun ist sie selbst der zweite Profi aus dem kleinen Land in Nord-Europa, der es bei einem Grand-Slam-Turnier unter die letzten Vier geschafft hat.

Es wird ein emotionales Halbfinale auf dem Court Philippe Chatrier, denn auch Ostapenkos Gegnerin und Teilzeit-Doppelpartnerin Timea Bacsinszky (Schweiz/Nr. 30) hat am Donnerstag Geburtstag. "Diese Konstellation ist lustig und wirklich cool", sagte Bacsinszky (27), die bereits 2015 die Vorschlussrunde des bedeutendsten Sandplatzturniers der Welt erreicht hatte.

Diesmal will die Slice-Expertin aus Lausanne aber mehr holen in ihrer Wohlfühloase. "Da ist eine ganz besondere Verbindung zwischen den French Open und mir. Hier spüre ich, wie dieses Feuer in mir brennt, hier entsteht immer diese spezielle Magie", schwärmte Bacsinszky: "Das ist das Turnier meines Herzens."

Bacsinszky hat keinen Kontakt mehr zu ihrem Vater

Die ungarisch-stämmige Bacsinszky hat harte Zeiten hinter sich. In der Jugend von ihrem überehrgeizigen Vater gedrillt und gedemütig, konnte sie sich erst vor ein paar Jahren emanzipieren. "Ich wurde nicht gezeugt, um geliebt zu werden. Ich sollte die Träume meines Vaters erfüllen", hat Bacsinszky einmal gesagt. Erst eine Therapie vertrieb die Dämonen, zu ihrem Erzeuger hat sie keinen Kontakt.

Auf dem linken Unterarm trägt die eloquente Schweizerin ein Tattoo, das eine Schwalbe zeigt. "Sie ist frei, sie fliegt, sie ist das Leben", meinte Bacsinszky, die angekommen zu sein scheint - in ihrem zweiten Leben.

Es überrascht keineswegs, dass sich das Verhältnis zu Ostapenko auch kurz vor dem großen Match nicht abkühlt. "Jelena ist sehr lustig, voller verrücktem, jugendlichen Übermut. Sie scheint mir kein bisschen ängstlich", sagte Bacsinszky über den ersten Teenager seit Ana Ivanovic vor zehn Jahren, der wieder die Vorschlussrunde von Paris erreicht hat. Die Serbin, mittlerweile mit Bastian Schweinsteiger verheiratet, gewann 2007 die French Open.

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Ein weiteres gutes Omen sollte sich die fließend englisch sprechende Ostapenko zu Herzen nehmen: Der letzte, bei dem der erste Turniersieg überhaupt gleich der Gewinn der French Open war, hieß Gustavo Kuerten. Der von den Fans geliebte Kult-Brasilianer holte sich den "Coupe des Mousquetaires" am 8. Juni 1997 - an diesem Tag wurde Jelena Ostapenko in Riga geboren.

Im anderen Halbfinale stehen sich Karolina Pliskova (Tschechien/Nr. 2) und die an Position drei gesetzte Rumänin Simona Halep gegenüber. US-Open-Finalistin Pliskova könnte bereits mit dem Sprung ins Endspiel Angelique Kerber (Kiel) von der Spitze der Weltrangliste verdrängen. Halep indes muss in Paris gewinnen, um am Montag den Tennis-Thron zu erobern.

(areh/sid)
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