French Open Görges siegt und siegt — und verbraucht 400 Taschentücher täglich

Paris · Julia Görges steht als einzige Deutsche im Achtelfinale der French Open. Das ist kein Zufall. Während ihre Fed-Cup-Kolleginnen Petkovic und Kerber fluchen und hadern, bleibt Görges stets positiv - auch wenn sie dabei aussieht wie ein Häufchen Elend.

French Open: Julia Görges überrascht gegen Caroline Wozniacki
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Görges ganz stark gegen Wozniacki

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Foto: afp, ql

Die Nase läuft, die Augen tränen. Ungefähr 400 Taschentücher am Tag verbrauche sie hier in Paris, sagt Julia Görges. Die Allergie setzt ihr sichtlich zu, mehr als bislang alle Gegnerinnen bei den French Open.

"Die Bäume sind eine Katastrophe für mich", sagt Görges, fügt angesichts ihrer Achtelfinal-Premiere am Montag gegen die Italienerin Sara Errani allerdings hinzu: "Es gibt deutlich Schlimmeres."

Julia Görges kämpft sich in Runde zwei der French Open
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Julia Görges kämpft sich in Runde zwei

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Zum Beispiel das kollektive Drittrunden-Aus ihrer hoch, oder zumindest höher gehandelten Fed-Cup-Kolleginnen Andrea Petkovic, Angelique Kerber und Sabine Lisicki. Das gesetzte Trio verabschiedete sich aus dem Stade Roland Garros mit weiteren Grand-Slam-Enttäuschungen im Gepäck und ließ Görges als einzige deutsche Hoffnung zurück - wie schon bei den Australian Open zu Beginn des Jahres.

"Heute ein besseres Paket"

Dabei steht die 26-Jährige aus Bad Oldesloe in Schleswig-Holstein im Ranking nur auf Position 72. Einst war sie die Nummer 15. Seit ihrer hartnäckigen Handgelenksverletzung, die sie vor gut zwei Jahren erlitten hatte, stagniert Görges jedoch. Zumindest auf dem Papier. "Ich glaube, ich habe heute ein besseres Paket als damals", sagt sie, "in der Zeit, als ich in den Top 20 stand, habe ich nicht das Tennis gespielt, das ich heute zeige".

French Open: Andrea Petkovic scheidet aus
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Petkovic scheitert in Runde drei gegen Errani

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Das trifft vor allem für ihre Grand-Slam-Auftritte zu: In Runde eins gegen Coco Vandeweghe (USA), in Runde zwei gegen Mitfavoritin Caroline Wozniacki (Dänemark) und in Runde drei gegen Irina Falconi (USA) zeigte Görges, was sie derzeit so stark macht.

Sie spielt variabler als Petkovic, offensiver als Kerber und bewegt sich besser als Lisicki. "Im Frauentennis wird oftmals eine Stunde lang der gleiche Ball gespielt. Ich spiele mal flach, dann mal mit mehr Spin. Ich variiere mehr als viele der anderen Spielerinnen", sagt sie.

Der große Unterschied, vor allem zu Petkovic und Kerber, liegt allerdings weniger in den Schlägen und der Taktik. Während die angeschlagene Petkovic in Paris fluchte und jammerte und Kerber die Schultern hängen ließ, strahlt Görges auf dem Court Unnahbarkeit aus. "Ich versuche, dem Gegner so wenig wie möglich preiszugeben", sagt sie: "Die Körpersprache ist der Schlüssel zum Erfolg. Daran habe ich gearbeitet."

Nicht auszuschließen, dass Görges ihre Allergie dabei sogar zugute kommt. Läuft sie schniefend über den Platz und zuppelt ihr Taschentuch aus dem Rocksaum, verwirrt sie ihre Gegnerinnen. Denn nur wenig später schlägt die Vorhand nach einem langen Ballwechsel krachend auf der Linie ein. Hält sie Tempo, Präzision und die Beherrschung, sollte auch ein Sieg über Errani und damit das erste Grand-Slam-Viertelfinale ihrer Karriere möglich sein.

"Gegen sie brauche ich Geduld. Man darf es nicht erzwingen", sagt Görges über die 1,64 m kleine Defensivspezialistin aus Bologna. Die Paris-Finalistin von 2012 hat nacheinander Top-Talent Carina Witthöft und Top-Spielerin Petkovic aus dem Turnier geworfen. Die derzeit stärkste deutsche Spielerin wartet jedoch erst. Mit laufender Nase und tränenden Augen.

(sid)
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