Tennis-Star kritisiert Verband Scharapowa feiert Verkürzung der Sperre wie einen Freispruch

Düsseldorf · Maria Scharapowa darf früher als erhofft wieder auf die Tennis-Tour zurückkehren. Die Russin erhebt schwere Anschuldigungen gegen den Tennis-Weltverband ITF und sieht sich in der Opferrolle.

Maria Scharapowa im Porträt
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Das ist Maria Scharapowa

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Foto: AP/Alessandra Tarantino

Der Internationale Sportgerichtshof CAS hatte am Dienstag die Sperre der russischen Weltklasse-Spielerin auf 15 Monate verkürzt. Vom 26. April 2017 an kann die frühere Nummer eins nach ihrem Dopingvergehen wieder antreten. Schon beim zweiten Grand-Slam-Turnier der neuen Saison - bei den French Open in Paris - könnte Scharapowa nach einem großen Titel greifen.

Scharapowa feierte die Reduzierung der Sperre wie einen Freispruch. ""Nach einem der härtesten Tage meiner Karriere im März habe ich nun einen meiner glücklichsten Tage"", sagte die 29-Jährige. "Etwas, das ich liebe, wurde mir weggenommen und es wird sich wirklich gut anfühlen, es zurückzubekommen." Einer ihrer Sponsoren, der Schläger-Hersteller Head, gratulierte dem Tennis-Star via Twitter zum Urteil des CAS. Das Ganze garniert mit dem Hashtag "WeStoodWithMaria" ("Wir haben zu Maria gestanden"). Die frühere britische Profispielerin Anne Keothavong, die mittlerweile als TV-Expertin arbeitet, sagte bei Twitter: "Ich weiß nicht mehr, was ich denken oder glauben soll. Nur dass es keinerlei Grund zu feiern gibt, egal aus welchem Blickwinkel man es betrachtet."

Ursprünglich war Scharapowa vom Weltverband ITF wegen der Einnahme des seit Anfang des Jahres auf der Dopingliste stehenden Mittels Meldonium für zwei Jahre gesperrt worden. Auf das Herz-Kreislauf-Mittel, das Durchblutung und Ausdauer fördern soll, waren seit Jahresbeginn weit mehr als 100 Sportler zumeist aus Russland positiv getestet worden. Der CAS begründete sein Urteil nun damit, dass Scharapowa keinen "signifikanten Fehler" begangen habe, eine Sperre über 15 Monate aber angemessen sei. Die Russin hatte stets beteuert, sie habe nicht mitbekommen, dass Meldonium auf die Liste der verbotenen Mittel gesetzt worden war. Der CAS erklärte, dass der Weltverband ITF den veränderten Status der Substanz nicht klar genug kommuniziert habe.

Scharapowa greift ITF an

In einem Interview mit dem US-Fernsehjournalisten Charlie Rose zweifelte Scharapowa die Neutralität des Tennis-Weltverbandes an. "Die ITF wollte mich sogar für vier Jahre aus dem Sport verbannen. Bei der Anhörung musste ich mich mit einem Schiedsgericht auseinandersetzen, das die ITF ausgewählt hat. Der Verband, gegen den ich kämpfte. Das ist nicht neutral. Der CAS ist neutral." Auf die Frage, ob die ITF an ihr ein Exempel habe statuieren wollen, antwortete Scharapowa: "Ich wollte das nie glauben. Aber ich fange an, das zu denken."

In einer Erklärung am Dienstag hatte Scharapowa gesagt: "Ich hoffe, dass die ITF und andere Anti-Doping-Behörden im Tennis sich diesen Fall genau ansehen, dass kein Tennisspieler noch einmal das durchmachen muss, was ich musste."

Die ehemalige Weltklassespielererin Pam Shriver kritisierte Scharapowa für den Seitenhieb. "In ihrem ersten Statement greift Scharapowa die ITF an. Warum ist sie nicht einfach dankbar, dass sie früher zurückkehren kann und geht trainieren!" Tennis-Legende Martina Navratilova zeigte sich nachsichtiger. "Ein großer Preis für einen großen Fehler. Es wird hart für Maria sein, zurückzukommen. Aber wir wissen, wie tough sie ist."

Scharapowa darf mit Wildcards rechnen

Bei ihrer Rückkehr wird Scharapowa ohne Ranking dastehen. Normalerweise müsste sie sich über kleinere Turniere Ranglistenpunkte holen, um irgendwann wieder die nötige Weltranglistenposition zu haben, um bei den WTA-Turnieren ins Hauptfeld zu kommen. Dass es soweit kommt, damit rechnet allerdings kaum jemand. Trotz der Dopingvergangenheit werden sich die Turnierveranstalter um den schillernsten Star des Damentennis reißen und ihr die Teilnahme mit Wildcards ermöglichen.

"Bekommt man als frühere Nummer eins wirklich eine unbegrenzte Anzahl an Wildcards, auch wenn man wegen Doping gesperrt war? Andere Spieler bekommen nur drei pro Jahr", twitterte Melanie Oudin (USA), die nach einer Herz-OP derzeit selbst um ihr Comeback kämpft, zu dieser Thematik.

Während die Turnierdirektoren Scharapowa mit offenen Armen empfangen werden, wird ihr von ihren Rivalinnen mehr Gegenwind ins Gesicht wehen — auch wenn es zunächst nur wenige Reaktionen auf das CAS-Urteil gab. Schon im Frühjahr hatte die WTA die Spielerinnen gebeten, sich so wenig wie möglich zu dem Fall zu äußern. Die Französin Kristina Mladenovic hatte bei den French Open dennoch Klartext geredet. "Wir alle denken, dass sie eine Betrügerin ist. Maria war nie höflich oder nett. Mit dem, was nun passiert, werden nicht viele Leute übrig bleiben, die sie mögen."

(areh)
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