Federer und Williams gewinnen Wimbledon Mit 30 Jahren auf dem Tennis-Gipfel

London · Tradition wird im All England Club zu Wimbledon hochgehalten. Auf der Anlage im Südwesten Londons grüßen die Abbilder der Helden längst vergangener Tage am Wegesrand.

Wimbledon-Finale 2012: Federer krönt sich zum Champion
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Wimbledon-Finale 2012: Federer krönt sich zum Champion

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Roger Federer und Serena Williams gehören noch nicht dazu, sie sind leibhaftig und sind - wenn auch oftmals abgeschrieben - noch lange nicht reif für die Geschichtsbücher. Beim wichtigsten Tennisturnier der Welt gewann Federer seinen 17. und Williams ihren 14. Grand-Slam-Titel. Gemeinsam feierten die 30-Jährigen beim traditionellen Championsdinner am Sonntagabend.

Federer hatte zuvor die Hoffnungen der britischen Tennisfans auf den ersten Heimsieg 76 Jahre nach Fred Perry zerstört. Der Schweizer besiegte Andy Murray nach 3:24 Stunden 4:6, 7:5, 6:3, 6:4. Der 25-jährige Schotte hatte mit dem ersten Finaleinzug seit 1938 den Wimbledonfluch beendet, die Krönung vor den Augen von Herzogin Kate, die ohne Prinz William das Finale aus der Royal Box verfolgte, blieb ihm aber versagt. König Roger gewann seinen siebten Wimbledontitel und kehrt nach zweijähriger Abstinenz wieder auf den Tennis-Thron zurück.

"Das ist ein magischer Moment für mich", sagte Federer mit dem Pokal in der Hand: "Ich könnte nicht glücklicher sein. Ich hatte eine harte Zeit in den vergangenen Jahren. Dieser Sieg kommt zur richtigen Zeit."

Damit schreibt Federer weiter an den Rekordbüchern der Tennisgeschichte. Mit sieben Siegen auf dem heiligen Rasen zog er mit Pete Sampras und dem Briten William Renshaw gleich. Die erneute Führung in der Weltrangliste hat derweil eine ganz besondere Bedeutung für Federer. Mit 286 Wochen stellt er nun die Bestmarke seines Idols Sampras ein. "Für einen 30-Jährigen spielt er gar nicht schlecht", scherzte Murray.

Die Briten spendeten freundlich Applaus für den Publikumsliebling. Sie hätten natürlich gerne Murray siegen sehen, doch hatte die einzige britische Tennishoffnung ihr Soll bereits erfüllt. Die Worte "keiner seit Bunny Austin" sind nun endlich aus dem Sprachschatz getilgt. 74 Jahre hatte kein Brite mehr das Endspiel in Wimbledon erreicht, auch Murray war dreimal im Halbfinale gescheitert. Nun ist der Fluch gebrochen, auch weil Jonathan Murray aus Sheffield mit seinem dänischen Partner Frederik Nielsen das Doppel gewann. Auch das hatte es im Südwesten Londons zuvor 76 Jahre nicht gegeben.

"Ich komme näher", sagte Murray bei der Siegerehrung, bevor ihm die Tränen kamen. "Alle haben mir gesagt, wie hart es hier in Wimbledon durch die Erwartungen ist. Aber die unglaubliche Unterstützung macht es mir einfach", sagte er und bedankte sich schluchzend bei seinen Fans.

Serena Williams musste nur zwei Jahre warten, ehe sie wieder einen Grand-Slam-Titel ihr Eigen nennen durfte. Mit 6:1, 5:7, 6:2 bezwang die US-Amerikanerin die 23-jährige Polin Agnieszka Radwanska, die zuvor Angelique Kerber (Kiel) ausgeschaltet hatte. Williams gewann damit ihren fünften Titel auf dem heiligen Rasen im Londoner Bezirk SW19 und schloss damit zu ihrer Schwester Venus auf. Gemeinsam gewannen die Williams-Schwester ebenfalls zum fünften Mal den Doppeltitel.

"Vor ein paar Monaten lag ich noch im Krankenhaus. Ich habe nie davon zu träumen gewagt, wieder hier zu stehen", sagte Williams und bedankte sich mit tränenerstickter Stimme bei ihrer Familie, um kurz darauf wieder zu scherzen: "Ich wollte immer schon alles, was Venus hatte."

Serenas Triumph war der Schlussstrich unter ihre Leidenszeit, die nur wenige Tage nach dem zuvor letzten Majorsieg vor genau zwei Jahren begonnen hatte. Damals war sie in einem Restaurant in München in eine Glasscherbe getreten und musste an beiden Füßen genäht werden. Später stellte sich heraus, dass eine Sehne gerissen war.

Noch nicht genesen schockte eine Lungenembolie den Williams-Clan. "Das war extrem hart und beängstigend für mich", sagte Serena einmal. Ein Blutgerinnsel musste aus ihrer Lunge entfernt werden. "Ich habe in den vergangenen ein, zwei Jahren so viel mitgemacht. Das ist unglaublich", hatte sie nach dem Halbfinalsieg über die neue Nummer eins der Weltrangliste, Wiktoria Asarenka aus Weißrussland, gesagt.

Radwanska konnte ihre Emotionen nach der dritten Niederlage im dritten Aufeinandertreffen mit Williams nicht verbergen. "Ich bin natürlich stolz. Ich hatte die besten zwei Wochen meines Lebens", sagte sie und war dabei kaum zu verstehen, so sehr schluchzte sie auf dem Platz: "Es war nicht mein Tag, aber ich werde es im nächsten Jahr wieder probieren."

Vor den Augen der Ex-Champions Martina Navratilova, Jana Novotna, Virginia Wade und Martina Hingis war es Williams' Power, die den Ausschlag gab. In ihrem 17. Grand-Slam-Endspiel machte die 30-Jährige 17 direkte Punkte und baute ihren Wimbledonrekord damit auf insgesamt 102 Asse aus. Beim 1:2 im entscheidenden Durchgang hämmerte Williams innerhalb von 49 Sekunden vier Asse ins Feld, Radwanskas Widerstand war gebrochen.

(sid)
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