Davis Cup Kohlschreibers Comeback geht daneben

Das ersehnte Traumdebüt des neuen Davis-Cup-Kapitäns Michael Kohlmann ist in weite Ferne gerückt. Das deutsche Team liegt nach dem ersten Tag gegen Favorit Frankreich in Frankfurt/Main mit 0:2 zurück und benötigt für den Viertelfinal-Einzug fast schon ein kleines Tennis-Wunder.

Philipp Kohlschreiber gegen Gael Monfils ohne echte Chance
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Kohlschreiber gegen Monfils ohne echte Chance

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Foto: dpa, ade jai

Dabei hätte nicht viel gefehlt, und ausgerechnet der überraschend aufgebotene Jan-Lennard Struff (Warstein/ATP-Nr. 74) hätte dem dreimaligen Titelträger einen Auftakt nach Maß beschert. Der zweite Debütant neben Kohlmann unterlag dem Weltranglisten-14. Gilles Simon erst nach großem Kampf mit 6:7 (4:7), 6:2, 7:6 (7:1), 2:6, 8:10. Nach 4:27 Stunden musste sich Struff geschlagen geben, erntete von den knapp 5000 Zuschauern in der Fraport-Arena aber stehende Ovationen.

Deutlich weniger Chancen hatte im Anschluss Philipp Kohlschreiber beim 4:6, 5:7, 6:7 (4:7) im Duell mit Angstgegner Gael Monfils. Die deutsche Nummer eins aus Augsburg kassierte gegen den Weltranglisten-19. Monfils die neunte Niederlage im elften Vergleich.

"Man muss anerkennen, dass Gael super gespielt hat, sein Aufschlag ist wie eine Maschine", sagte Kohlschreiber: "Ich musste voll fighten, hatte wenig freie Punkte, er hat von Anfang an besser gespielt." Er habe nicht sein bestes Tennis gespielt, und vor allem der zweite Satz, als er zwischenzeitlich mit 5:2 führte, habe wehgetan, sagte Kohlschreiber: "Er hat mir eine Chance gegeben, ich hab sie nicht genutzt."

Für das Doppel am Samstag steht Kohlschreiber auf jeden Fall bereit: "Wenn ich aufgestellt werde, dann werde ich spielen." Dabei ist Kohlschreiber gerade erst von einer Grippe genesen, Kohlmann musste ihn während der Seitenwechsel immer wieder mit Eis an den Waden behandeln. "Wir stecken jetzt nochmal die Köpfe zusammen, ob es Sinn macht, für das Doppel noch was zu ändern", sagte Teamchef Kohlmann: "Ausgeschlossen ist nichts, aber im Moment bleibt erstmal alles, wie es ist." Demnach würden Benjamin Becker und Andre Begemann gegen Julien Benneteau und Nicolas Mahut antreten.

Jan-Lennard Struff unterliegt Gilles Simon nach hartem Kampf
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Struff unterliegt Simon nach hartem Kampf

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Kohlschreiber war nach den Querelen beim Erstrundenduell gegen Spanien (4:1) im vergangenen Jahr in Frankfurt/Main vom damalige Kapitän Carsten Arriens aussortiert worden, nachdem er sich nicht in der Lage gefühlt hatte, das sportlich unbedeutende dritte Einzel gegen die Spanier am Sonntag zu spielen. Da auch Tommy Haas und Florian Mayer verletzt ausgefallen waren, kam es zum Eklat.

Danach war es zwischen Arriens und Kohlschreiber ausgerechnet im Rahmen des vom DTB veranstalteten sogenannten "Versöhnungstages" erneut zu einem Konflikt gekommen, in dessen Verlauf sich beide gegenseitig der Lüge bezichtigten. Für das darauffolgende Viertelfinale gegen Frankreich (2:3) hatte Arriens seine Nummer eins nicht nominiert und angekündigt, künftig auf Kohlschreiber verzichten zu wollen. Nachdem Arriens dann zu einem von DTB-Vizepräsident Hordorff in Melbourne anberaumten Gespräch nicht erschienen war, hatte der DTB den Vertrag mit dem Teamchef aufgelöst.

Struff "natürlich enttäuscht"

Struff war derweil trotz seiner beeindruckenden Vorstellung untröstlich. "Ich bin natürlich enttäuscht, dass ich dem Team keinen Punkt holen konnte", sagte der 24-Jährige: "Dieses Spiel war bislang eine meiner größten Herausforderungen." Im fünften Satz fiel die Vorentscheidung, als Simon das Break zum 9:8 gelang. Auch die Anfeuerungsrufe des neuen deutschen Teamberaters Niki Pilic in Richtung Struff nutzten nichts mehr.

Struff, mit Basecap und neongelben Schuhen, ließ sich die Anspannung zunächst kaum anmerken. Bezeichnend, wie der Westfale den ersten Breakball von Simon im Auftaktsatz abwehrte: Mit zwei Assen und einem direkt verwandelten Aufschlag.

Zwar musste der 1,96 Meter große Struff, der aufgrund des "Bauchgefühls" von Kohlmann überraschend den Vorzug vor Benjamim Becker (Orscholz/Nr. 39) erhalten hatte, den ersten Satz im Tiebreak abgeben, doch er blieb konzentriert.

Selbst von den 200 lautstarken französischen Fans, die ein Transparent mit der Aufschrift "Ihr seid Weltmeister, aber wir holen den Davis Cup" ausgerollt hatten, ließ er sich nicht beirren.

Nervenstark wehrte der Außenseiter im dritten Durchgang beim Stand von 4:5 drei Satzbälle ab. Nach zwei Vorhand-Gewinnschlägen in Folge ging "Struffi" mit 2:1-Sätzen in Führung. Danach ließen seine Kräfte nach. Den vierten Durchgang holte sich Simon im Schnelldurchgang, ehe der fünfte Satz zu einem echten Krimi wurde.

Um doch noch das Viertelfinale zu erreichen, muss das DTB-Team alle noch ausstehenden Partien gewinnen. Am Samstag (13.00 Uhr/SAT.1 Gold und ran.de) steht das Doppel auf dem Programm, derzeit sind noch Benjamin Becker und Andre Begemann für das Match gegen Julien Benneteau und Nicolas Mahut vorgesehen. Am Sonntag spielen zunächst Kohlschreiber und Simon gegeneinander, danach trifft Struff auf Monfils.

(sid)
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