Tennis in Halle Heiliger Rasen in Ostwestfalen

Halle/Westfalen · Die Gerry Weber Open in Halle sind längst mehr als ein reines Tennis-Vorbereitungsturnier auf Wimbledon.

Tennis in Halle: Heiliger Rasen in Ostwestfalen
Foto: dpa, frg vge

Vor ein paar Jahren kam man im ostwestfälischen Halle dem Vernehmen nach mächtig ins Grübeln. Barbara Rittner, die Teamchefin des deutschen Fed-Cup-Teams, hatte bei Gerry Weber (76) vorgesprochen und für ein neues Projekt geworben. Rittner hatte die Hoffnung, sie könne den Turnierveranstalter dazu bringen, auch eine Damenkonkurrenz aufzunehmen. Sie warb mit den Erfolgen von Angelique Kerber, Andrea Petkovic, Sabine Lisicki und Julia Görges. Es gab sogar intensive Verhandlungen mit Ralf Weber. Der Sohn des Modeunternehmers und mittlerweile Turnierdirektor, verzichtete aber nach Gesprächen mit den WTA, das Angebot zu erweitern. Man ist bislang gut damit gefahren, nicht über seine Verhältnisse zu leben.

Am Anfang haben viele über das Projekt gespottet. Ein Rasenturnier als Vorbereitung auf Wimbledon - ausgerechnet in einer Zeit, wo die Flut ganz großer Erfolge im deutschen Herrentennis abebbte. Doch Weber hatte weit mehr im Sinn, als den Tennis-Standort Deutschland zu stärken. Für ihn war es in allererster Linie wichtig, seine etwas angestaubte Marke wieder in die Wohnzimmer der Republik zu bringen. Mit dem ZDF hatte er von Anfang an einen starken Partner an der Seite, der ihm eine große Reichweite garantierte. Und das Format setzte sich schnell durch: bereits zwei Jahre nach der Eröffnung kamen in der Turnierwoche 112.000 Zuschauer - ein bis heute bestehender nationaler Rekord bei einer Tennisveranstaltung. "Es gab viele, die über uns gelacht haben, mittlerweile sind wir zum Leuchtturm des deutschen Tennis geworden", sagt Ralf Weber unserer Redaktion.

Weber hat schnell verstanden, dass er nicht nur ein gut besetztes Teilnehmerfeld braucht, sondern auch große Namen, die sich konstant in Halle und nicht im traditionsreicheren Queens Club auf das danach stattfindende Grand-Slam-Turnier im Londoner Stadtteil Wimbledon vorbereiten. Und so gelang es Weber unter anderen Roger Federer für sein Turnier zu begeistern - natürlich verbunden mit einer stattlichen Antrittsgage. Der Schweizer Maestro hat sich immer als artiger Gast präsentiert und bislang acht Mal das mittlerweile mit 1,83 Millionen Euro dotierte ATP-500er-Turnier gewonnen.

In den Anfängen gab es noch keine Punkte für die Weltrangliste und "nur" 25.000 Euro Preisgeld. "Das deutsche Tennis kann sich glücklich schätzen, ein Turnier wie die Gerry Weber Open zu haben", befindet Philipp Brooks, der Vorsitzende des All England Lawn Tennis and Croquet Club, dem Ausrichter des Turniers in Wimbledon.

Die Geschichte in Halle geht auf jeden Fall noch fünf Jahre weiter. So lange hat das internationale Modeunternehmen Gerry Weber (Jahresumsatz rund 900 Millionen Euro) den Vertrag verlängert. Bisher hat sich das Geschäft gerechnet - man hat sich nie nur auf Tennis konzentriert. Auf der Anlage gab es schon Boxkämpfe (Felix Sturm), Handball-Weltmeisterschaft, Volleyball-Europameisterschaft, Basketball-Länderspiele, Eiskunstlauf und Konzerte von Pink bis Whitney Houston.

Noch bis Sonntag dreht sich bei der 25. Auflage in Halle alles um Tennis. Top-Favorit auch diesmal: Roger Federer.

(gic)
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