Der DTB sucht einen Präsidenten Ein Nobody sticht Westerwelle und Stich aus

Köln · Auf der Liste der Findungskommission standen durchaus honorige Namen. Guido Westerwelle zum Beispiel, Michael Stich, Hans-Jürgen Pohmann, Burkhard Graf Vitzthum – sogar Altkanzler Gerhard Schröder fand sich plötzlich im Kreis der Kandidaten wieder.

 Michael Stich würde DTB-Präsident werden, wenn man ihn nur lassen würde.

Michael Stich würde DTB-Präsident werden, wenn man ihn nur lassen würde.

Foto: dpa, dan nic

Auf der Liste der Findungskommission standen durchaus honorige Namen. Guido Westerwelle zum Beispiel, Michael Stich, Hans-Jürgen Pohmann, Burkhard Graf Vitzthum — sogar Altkanzler Gerhard Schröder fand sich plötzlich im Kreis der Kandidaten wieder.

Am Ende zogen sie alle den Kürzeren gegen Ulrich Klaus. Der führt seit 2003 den Landesverband Rheinland-Pfalz und soll bei den Wahlen am 16. November in Berlin neuer Präsident des Deutschen Tennis Bundes (DTB) werden.

Die ehemalige Weltklassespielerin Claudia Kohde-Kilsch kann darüber nur den Kopf schütteln. "Wenn ein Mann wie Michael Stich Interesse bekundet, kann ich es absolut nicht verstehen, warum man ihn nicht sofort zum Präsidenten macht", sagte die einstige Nummer vier der Welt dem SID und verwies auf das Beispiel des Deutschen Eishockey-Bundes: "Der DEB hat es vorgemacht und den ehemaligen Nationalspieler Franz Reindl zum Präsidenten gewählt. Nur so kann man Veränderungen auf den Weg bringen." Im DTB habe sich dagegen "in all den vielen Jahren absolut nichts geändert. Wieder wird eine Chance vertan. Schade."

"Wichtiges Zeichen für Geschlossenheit"

Auf einer Sitzung in der vergangenen Woche in Hamburg hatten sich die 18 Präsidenten der mächtigen Landesverbände angeblich einstimmig auf den Kandidaten Klaus geeinigt. "Das ist ein wichtiges Zeichen für die Geschlossenheit im deutschen Tennis", sagte Hamburgs Verbandspräsident Fritz Franzioch dem Hamburger Abendblatt. Eine knappe Woche später waren bereits sechs der 18 Landesverbände anderer Meinung. Zitiert werden will keiner, auch das kein neues Phänomen im DTB.

Michael Stich und Hans-Jürgen Pohmann hatten zuvor ihre Bereitschaft signalisiert, die Nachfolge des aus beruflichen Gründen nicht mehr kandidierenden Karl Altenburg anzutreten, doch dann besannen sich die Landesfürsten anders. "Wichtig war, dass wir uns einstimmig für den internen Kandidaten Klaus ausgesprochen haben", sagte Franzioch, seinerzeit noch in dem festen Glauben, seine 17 Kollegen hinter sich zu haben.

Rittner favorisiert Stich

Wie Claudia Kohde-Kilsch wünscht sich auch Fed-Cup-Teamchefin Barbara Rittner den früheren Wimbledonsieger Michael Stich als neuen Präsidenten. "Michael ist einer, der sich traut, Veränderungen nicht nur anzuschieben, sondern sie auch umzusetzen", sagte die 41-Jährige dem Hamburger Abendblatt: "Er ist der perfekte Repräsentant, der neue Türen öffnen könnte."

Stich ist ein Querdenker, einer, der schon während seiner Zeit als "Spieler Stich" eher respektiert als geliebt wurde, einer, der das marode Turnier am Hamburger Rothenbaum in den vergangenen Jahren vor dem Exodus bewahrt hat. Stich hat "akzeptiert, dass man sich anders entschieden hat. Aber ich bezweifle ehrlich gesagt, dass sich die Visionen der neuen DTB-Führung mit meinen decken."

Mitglieder laufen in Scharen davon

Der neue Präsident findet im November jedenfalls alles andere als ein bestelltes Haus vor. Dem DTB laufen die Mitglieder in Scharen davon, innerhalb der letzten zehn Jahre sank die Zahl von 2,3 auf mittlerweile noch 1,4 Millionen. Die Anlage am Hamburger Rothenbaum ist dringend sanierungsbedürftig, das Steffi-Graf-Stadion an der Berliner Hundekehle eine unkrautüberwucherte Bauruine, das Geld fehlt an allen Ecken und Enden.

Wenigstens der sportliche Erfolg lässt sich sehen, unter anderem bestreitet das Fed-Cup-Team im November in Prag das Finale gegen Tschechien. Mit Barbara Rittner auf der Bank - aber die ist Präsidium und Bundesausschuss ja auch nicht so ganz geheuer.

(sid)
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