"Deutschland stolz gemacht!" Kerbers Wimbledon-Tränen sind schnell getrocknet

Angelique Kerber hatte sich schnell von ihrer Niederlage im Wimbledonfinale gegen Serena Williams erholt. Von Steffi Graf kam höchstes Lob.

Wimbledon: Angelique Kerber gratuliert Serena Williams zum Titel
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Kerber gratuliert Williams zum Titel

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Foto: dpa, ed

Die Tränen von Wimbledon waren schnell getrocknet: Als neue Königin der Herzen verließ Angelique Kerber das Rasen-Mekka mit einem Lächeln auf den Lippen. Und die Nummer zwei der Welt hatte trotz ihrer 5:7, 3:6-Endspielniederlage gegen Serena Williams eine Menge Selbstvertrauen im Gepäck. "Ich bin jetzt angekommen und weiß, dass ich noch weitere Finals spielen kann - und dann mit einem anderen Ergebnis", sagte Kerber nach dem hochklassigen Schlagabtausch mit der Branchenführerin auf dem berühmtesten Centre Court der Welt.

Mit der Familie und ihrem Team ging es danach am Abend erst zu einem Italiener in Wimbledon. Anschließend zogen Kerber und ihr Anhang weiter in die Londoner Innenstadt.

Auch Steffi Graf, die als letzter deutscher Profi 1996 Wimbledon gewonnen hatte, war beeindruckt. "Toll gemacht, Angelique. Sie hat Deutschland mit ihrem Talent und ihrem Kampfgeist stolz gemacht!", schrieb Graf bei Facebook.

Der sensiblen Kerber war die Genugtuung darüber anzumerken, dass sie es allen gezeigt hatte, die ihren Triumph bei den Australian Open Ende Januar als "One-Hit-Wonder" abgetan hatten. "Da gab es schon einige. Aber ich weiß jetzt, dass ich niemandem mehr etwas beweisen muss. Das ist mein Weg - und den werde ich genauso weitergehen", sagte die 28-Jährige mit entschlossener Stimme.

Ähnlich entschlossen hatte Kerber zuvor Topfavoritin Williams in einem der besten Grand-Slam-Frauenfinals der letzten Jahre die Stirn geboten. "Ich habe dieses Spiel nicht verloren, Serena hat es gewonnen. Das macht es angenehmer. Ich bin natürlich enttäuscht, aber auch stolz", meinte Kerber, die durch ihre couragierte Spielweise in den "zwei tollsten Wochen" zum Publikumsliebling avancierte: "Die Zuschauer waren am Ende auf meiner Seite. Dieses Gefühl ist viel wert."

Das schönste Kompliment kam aber von der frischgebackenen siebenmaligen Wimbledonsiegerin Williams, die mit ihrem 22. Grand-Slam-Coup die Bestmarke von Steffi Graf egalisierte. "Ich liebe es, gegen Angie zu spielen. Sie holt immer das Beste aus mir heraus und ist auch abseits des Courts eine wundervolle Person", lobte Williams und umklammerte die Venus-Rosewater-Siegtrophäe, die ihr der Duke of Kent zuvor überreicht hatte.

Ikone John McEnroe nannte die Leistung der 34-Jährigen, der im Endspiel 39 direkte Gewinnschläge gelangen, sogar "übermenschlich". Doch Bundestrainerin Barbara Rittner, Stammgast in der Kerber-Box, blickte voller Zuversicht in die Zukunft: "Serena ist am Limit, auch altersmäßig. Angie kann länger spielen, von daher bin ich da ganz ruhig", sagte Rittner bei Sky.

In dieser Form allerdings scheint Williams unschlagbar. Famos, wie sie den einzigen Breakball der Kielerin beim Stand von 3:3 im zweiten Satz mit einem Ass (rund 190 km/h) abwehrte - und auf dem Fuße ein weiteres folgen ließ (knapp 200 km/h). "Serenas Aufschlag war der Schlüssel. Ohne ihn wäre das Spiel wahrscheinlich anders ausgegangen", sagte Kerber, der bei ihrer Rede auf dem Heiligen Rasen kurz die Stimme brach.

Oben in der Box hielt Mutter Beata die bewegenden Szenen mit dem Smartphone fest. Die eigens aus Polen angereiste Oma Maria klatschte begeistert in die Hände. "Jetzt lege ich erstmal ein paar Tage den Schläger aus der Hand, dann greife ich wieder an", sagte Kerber mit Blick auf die Sommerspiele in Rio (5. bis 21. August): "Eine olympische Medaille war schon immer mein Kindheitstraum. Die will ich holen, wenn möglich natürlich die goldene", meinte "Angie".

Allerdings warnte sie auch vor zu hohen Erwartungen. "Ich werde nicht bei jedem Turnier im Finale stehen können. Aber ich weiß jetzt, was ich machen muss, um dahinzukommen. Und darüber bin ich erleichtert."

(sid)
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