Tennis in Wimbledon Deutschland sehnt sich nach dem neuen Becker

30 Jahre nach Boris Beckers erstem Triumph in Wimbledon startet vor allem Angelique Kerber mit großen Ambitionen ins Turnier. Bei den Männern gibt ein Teenager sein Grand-Slam-Debüt.

Angelique Kerber – erste Wimbledon-Siegerin seit Steffi Graf
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Das ist Angelique Kerber

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Foto: AFP/GLYN KIRK

Die Sehnsucht ist greifbar an diesem mythischen Ort im Südwesten Londons, die Hoffnung größer als auf jedem anderen Tennisplatz der Welt. Im beschaulichen Stadtteil Wimbledon vor den Toren der Millionen-Metropole gipfelt Jahr für Jahr die deutsche Gier nach Grand-Slam-Erfolgen — und schuld daran ist noch immer dieser 17-jährige Leimener.

Seit Boris Becker an jenem schicksalhaften 7. Juli 1985, also vor beinahe 30 Jahren, auf dem Heiligen Rasen des All England Club triumphiert hat, ist ein deutscher Sieg in der Kathedrale des Tennissports überhaupt erst vorstellbar. Becker vermachte einen Traum, den sich Angelique Kerber und Sabine Lisicki in diesem Jahr erfüllen wollen.

Vor allem die Kielerin Kerber zählt zu den "gar nicht mal so geheimen Favoritinnen" in Wimbledon, glaubt zumindest Bundestrainerin Barbara Rittner: "Ihr Spiel passt perfekt zum Rasen, dazu hat sie die nötige Ruhe und Erfahrung." Die Enttäuschungen der letzten drei Grand-Slam-Turniere, bei denen sie die erste Woche nicht überstand, sind verdaut. "Ich glaube wieder an mich", sagt Kerber.

Auch Michael Stich, vor 24 Jahren Champion beim bedeutendsten Tennisturnier der Welt, hat Kerber nach deren Sieg in Birmingham auf der Rechnung. "Wenn man das Vorbereitungsturnier gewinnt, zählt man auf jeden Fall zu den Favoriten", sagte Stich: "Wenn Angelique gut spielt, gehört sie immer in diesen Kreis."

Deutsches Duell in Runde eins

2012 stand Kerber (27) bereits im Halbfinale, im vergangenen Jahr erreichte sie das Viertelfinale von Wimbledon. Am Dienstag trifft sie zum Auftakt auf die talentierte Hamburgerin Carina Witthöft (20). Aufschlag-Weltrekordlerin Lisicki (25), 2013 die letzte deutsche Finalistin im Rasenmekka, bekommt es mit der Australierin Jarmila Gajdosova zu tun. Auf Superstar Serena Williams (USA) können beide erste im Finale treffen.

Geringer fällt das Anspruchsdenken der deutschen Männer aus, immerhin darf der Beste von ihnen das Turnier auf dem Center Court eröffnen — wenn auch nur in einer Nebenrolle. Philipp Kohlschreiber zog das denkbar schlechteste Los, der Augsburger trifft am Montag auf Titelverteidiger und Top-Favorit Novak Djokovic. Beckers serbischer Schützling hat riesigen Respekt vor der deutschen Nummer eins: "Er ist ein sehr guter Gegner auf allen Belägen, eine der härtesten Auftaktrunden, die ich bekommen konnte."

Dennoch käme ein Kohlschreiber-Sieg einem Erdbeben gleich, wahrscheinlicher ist da schon, dass 30 Jahre nach Beckers Urknall erneut ein blonder deutscher Teenager auf sich aufmerksam macht. Alexander Zverev gibt mit 18 Jahren seinen Einstand auf der großen Grand-Slam-Bühne — ohne Angst, dafür mit einer guten Auslosung. Zverev trifft ebenfalls am Montag auf den Russen Teimuras Gabaschwili.

Beim Einladungsturnier "The Boodles" ließ er sein Können auf Gras aufblitzen und bezwang Djokovic in zwei Sätzen. Vier Vorbereitungserfolge in Stuttgart, Halle und Nottingham verleihen dem Hamburger das nötige Selbstvertrauen für Wimbledon. Jüngst adelte sogar der 14-malige Grand-Slam-Champion Rafael Nadal den jungen Deutschen. Zverev sei "ein unfassbarer Bursche", sagte der Spanier: "Für mich ist er ein potenzieller Grand-Slam-Sieger."

(sid)
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