Düsseldorf Zwanziger: "Sumpf trocken legen"

Düsseldorf · Theo Zwanziger gehörte zu den mächtigsten Sport-Funktionären. Er war Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und ist formell noch bis morgen Mitglied im Exekutivkomitee des Weltverbands (Fifa). Erst dann wird Wolfgang Niersbach offiziell seine Nachfolge als deutscher und europäischer (Uefa) Vertreter in der Weltregierung des Fußballs antreten.

Zwanziger verlässt die große Bühne einsam. Er ist in Ungnade gefallen, weil er die Vergütungsregelung des DFB für Niersbach durch die Ethikkommission der Fifa (erfolglos) prüfen ließ. Und weil er immer wieder mangelnde Transparenz in der Fifa und Korruption angeprangert hat. Wiederholt hat Zwanziger gefordert, die WM-Turniere 2018 (Russland) und 2022 (Katar) neu zu vergeben.

Die Ermittlungen der US-Justizbehörden und der Schweiz gegen führende Funktionäre des Weltverbandes begrüßt der 69-Jährige. "Ich bin froh, dass endlich etwas passiert. Es darf nichts unter den Teppich gekehrt werden", sagt Zwanziger im Gespräch mit unserer Zeitung. "Der Sumpf muss trocken gelegt werden. Ermittlungstaktisch war es natürlich klug, auf einem Fifa-Kongress zuzuschlagen - da hat man möglichst viele Kandidaten auf einem Haufen."

Man dürfe nun allerdings nicht erwarten, dass gleich alles besser wird. "Es wäre für niemanden ein Befreiungsschlag, wenn Sepp Blatter nicht mehr Präsident wäre. Das Problem ist nicht er, das Problem sind die Strukturen der Fifa", sagt der frühere Richter Zwanziger. "Die Probleme sind in dieser Organisation viel weitreichender. Es können sich zu viele zu leicht in diesem System bedienen."

Zwanziger hat noch vor wenigen Monaten in einem Interview mit unserer Zeitung den Reformprozess gelobt. "Für einen Sportverband dieser Größe ist viel passiert. Nur bei der Amtszeitbegrenzung sind wir gescheitert, aber das ist erklärbar. Viel wichtiger war die Einführung einer Ethikkommission, die wie eine Staatsanwaltschaft innerhalb der Fifa operiert", sagte er. "Um daraus ein wirkungsvolles Instrument zu machen, mussten Satzungen geändert werden. Das alles geht nicht über Nacht. Es sind im Rahmen diverser Verfahren acht von 25 Mitgliedern aus dem Exekutivkomitee ausgeschieden. Es ist durchaus eine Reformbewegung in den Verband gekommen." Mittlerweile klingt er nicht mehr ganz so optimistisch - vor allem, was den Aufklärungswillen der Ethikkommission angeht: "Das stimmt mich schon ein wenig traurig. Die Kommission hätte deutlich mehr Möglichkeiten, macht aber daraus zu wenig."

Am Ende war Zwanziger vor allem eines - isoliert. Einzig Fifa-Chef Blatter setzte zuletzt noch auf die Zusammenarbeit mit dem Juristen als Sonderbeauftragten für den nur mäßig erfolgreichen Demokratisierungsprozess und als moralisch integre Stimme zu den Menschenrechtsfragen im WM-Gastgeberland Katar. "Vielen Dank für eine erfolgreiche, herausragende Arbeit", sagte Blatter zu Zwanziger, als dieser letztmals im März nach einer Exko-Sitzung mit dem Schweizer vor die Presse trat. Bei seinem letzten Meeting in der Fußball-Weltregierung fehlte Zwanziger am Montag.

(RP)
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