Borussia Dortmund Tuchel macht den Weg für Favre frei

Dortmund · Der Trainer von OGC Nizza ist Favorit für das Amt beim DFB-Pokalsieger Borussia Dortmund, nachdem sich der BVB von Thomas Tuchel getrennt hat. Doch auch Lucien Favre kann anstrengend sein. Der ehemalige Gladbacher ist zudem teuer.

Lucien Favre kehrt zu OGC Nizza statt nach Gladbach zurück
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Das ist Lucien Favre

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Foto: dpa/Guido Kirchner

Das letzte Gespräch dauerte gerade mal 20 Minuten. Danach stand fest, dass Thomas Tuchel (43) nicht mehr Trainer von Borussia Dortmund ist. Noch vor seinem nun ehemaligen Verein bestätigte der Fußballlehrer seinen Abschied. Am Montag hatte Tuchel sich von seiner Beratungsfirma einen Account beim Internet-Nachrichtendienst Twitter anlegen lassen. Gestern um 12.47 Uhr ließ er darüber seinen Anhang wissen: "Ich bin dankbar für zwei schöne, ereignisreiche und aufregende Jahre. Schade, dass es nicht weitergeht." Zwei Minuten später schickte er den "Dank an die Fans, an die Mannschaft, an den Staff und alle, die uns unterstützt haben", hinterher. Bei der Geschäftsführung bedankte er sich nicht.

Das war auch nicht zu erwarten. Das Verhältnis zu Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Sportdirektor Michael Zorc ist, vornehm ausgedrückt, nachhaltig gestört. Die Trennung drei Tage nach dem DFB-Pokalsieg, nach Platz drei und der direkten Qualifikation für die Champions League mitten in einem Jahr des Umbruchs und trotz eines Vertrags bis 2018 unterstreicht das nur. Der Klub legt jedoch großen Wert darauf, den Grund für Tuchels Demission nicht auf das Zerwürfnis zwischen Watzke und dem Coach zu reduzieren. Es gehe nicht im Einzelpersonen, hieß es in der offiziellen Mitteilung. "Wir haben in der gegenwärtigen personellen Konstellation leider keine Grundlage mehr für eine auf Vertrauen ausgelegte und perspektivisch erfolgreiche Zusammenarbeit gesehen", erklärte Watzke in einem vom Verein verbreiteten "Offenen Brief".

Favre gilt als Favorit

Weil ohnehin niemand mit einer weiteren Zusammenarbeit rechnete, ist die Suche nach Tuchels Nachfolger längst aufgenommen worden. Als großer Favorit gilt Lucien Favre (59), der hierzulande aus den grauen Mäusen Hertha BSC und Borussia Mönchengladbach veritable Teilnehmer am Europapokal gemacht und seinen derzeitigen Klub OGC Nizza in die Champions League geführt hat. Favre ist mindestens so besessen von der Detailarbeit wie Tuchel. Er ist einer jener Trainer, die jeden Spieler besser machen können, und er ist ganz bestimmt ein sehr höflicher Mensch. Weder die Mitarbeiter in der Dortmunder Firmenzentrale noch die Spieler müssen befürchten, unter schlechter Laune des Fußballlehrers oder einem Mangel an Wertschätzung leiden zu müssen.

Dafür kommt wahrscheinlich auf Sportdirektor Michael Zorc die heldenhafte Aufgabe zu, Favre alle paar Monate vom Durchhalten überzeugen zu müssen. Bei seinen Stationen in Deutschland befielen den Schweizer sehr regelmäßig mächtige Zweifel an sich selbst und am Gesamtprodukt. In Mönchengladbach brachte Zorcs Amtsbruder Max Eberl den Trainer immer wieder in die Spur. Selbst als Favre nach fünf Bundesliga-Niederlagen in Folge (eine davon in Dortmund) im frühen Herbst 2015 wieder mal alles hinwerfen wollte, glaubte Eberl an die übliche Quartals-Depression. Doch diesmal war es Favre ernst. Das geschah allerdings erst nach vier sehr erfolgreichen Jahren.

Fünf Millionen Euro für Favre?

Dortmund hätte also eine Perspektive. Die Verpflichtung des Wunschtrainers wird aber auf jeden Fall eine kostspielige Geschichte. Favres Vertrag mit Nizza endet erst 2019, deshalb werden die Franzosen eine ordentliche Ablösesumme verlangen. Daran hat das Management bereits nach ersten Gerüchten um einen Wechsel des Trainers zum BVB keinen Zweifel gelassen. Nach mehreren Berichten könnte Nizza bis zu fünf Millionen Euro aufrufen. Über die genaue Summe wird zwischen den Klubs tüchtig gefeilscht. Mit Favre selbst sollen die Dortmunder bereits eine Einigung erzielt haben. Weder der Pokalsieger noch der Wunschkandidat kommentierte das bislang.

Sollte der BVB den erklärten Favoriten nicht bekommen, könnte Peter Bosz ein Thema werden. Der Niederländer hat Ajax Amsterdam mit vielen jungen Spielern ins Finale der Europa League geführt. Das Endspiel ging gegen Manchester United zwar mit 0:2 verloren, auf dem Weg dahin aber demonstrierte Ajax auch gegen Schalke große Qualität. Der Schalker Revierrivale hat sehr genau hingeschaut.

(pet)
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