Verspäteter NHL-Auftakt "Am Ende gibt es nur Verlierer"

Köln/Buffalo · Mit drei Monaten Verspätung startet die NHL in eine verkürzte Saison. Auch für die deutschen Spieler um Christian Ehrhoff und Dennis Seidenberg geht es darum, die Fans zurückzugewinnen.

Pinguine verabschieden Christian Ehrhoff nach Ingolstadt-Spiel
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Ralph Krueger ließ die Edmonton Oilers auf einem zugefrorenen Teich im Park zwischen Heuballen vorspielen, Ehrhoffs Trikot gibt's in Buffalo zum halben Preis, und bei Seidenberg in Boston sind die Hot Dogs umsonst: Nach vier Monaten Lockout bemühen sich die NHL-Klubs zum verspäteten Saisonstart, der in der Nacht auf Sonntag endlich realisiert wird, um Versöhnung mit ihren Fans.

Weil innerhalb kürzester Zeit 1500 Anhänger den Hawrelak Park am Sasketchewan River füllten, musste die Polizei in Edmonton die Zugänge sperren. Die Oilers mit dem ehemaligen Nationalspieler Krueger als erstem deutschen NHL-Cheftrainer spielten auf Mini-Tore und warfen T-Shirts ins Publikum.

"Bei einem Lockout gibt es am Ende nur Verlierer", sagte Ehrhoff, der den Arbeitskampf in seiner Heimat bei den Krefeld Pinguinen überbrückt hatte: "Natürlich gibt es Leute, die verärgert sind — zu Recht. Ich hoffe, wir können alle Fans zurückgewinnen." Seine Buffalo Sabres bieten bis zum Ende des Auftaktspiels am Sonntag gegen die Philadelphia Flyers alle Fanartikel zum halben Preis an.

In der Stadt nahe der Niagara-Fälle und der kanadischen Grenze hat die Eishockey-Begeisterung aber offenbar gar nicht gelitten. Mit über 30.000 Karten am ersten Verkaufstag stellten die Sabres einen Klubrekord auf, für die 24 Heimspiele der verkürzten Saison gab es kurz vor dem Start nur noch rund 18.000 Tickets.

Fans werden verwöhnt

Wer Seidenberg bei den Boston Bruins bei der Arbeit zusieht, kann sein Portemonnaie eigentlich zu Hause lassen. Bei allen Heimspielen im Januar gibt es Gutscheine für jeweils drei Speisen oder Getränke: Hot Dogs, Pizza, Popcorn und Cola als Entschuldigung für die lange Wartezeit. "Die Leute zahlen viel Geld, um unsere Spiele zu sehen", sagte Seidenberg, der während des Lockouts bei den Mannheimer Adlern spielte, "es tut uns allen leid."

Auch beim Stanley-Cup-Sieger von 2011 verzeihen die Fans schnell: Beim Test gegen das eigene Farmteam drängten sich 17.565 Zuschauer in den Garden, Dauerkarteninhaber durften die Türen zu den Strafbänken bedienen und als Torrichter fungieren.

Doch kostenlose Hot Dogs, Showtraining auf dem Teich und verbilligte Trikots allein werden nicht reichen, die Anhänger zufrieden zu stellen. "Wir müssen ein gutes Spiel aufs Eis bringen", sagte Ehrhoff. Die kurze Saison mit nur 48 statt 82 Spielen pro Team erlaube keine "tiefen Löcher", "wir müssen schnell in die Gänge kommen".

Sich selbst sieht der Nationalspieler dabei im Vorteil, weil er in Deutschland Spielpraxis gesammelt hat. "Einige haben neun Monate nicht gespielt", sagte Ehrhoff, "du kannst ein Spiel niemals durch ein Training ersetzen."

Den gleichen Startvorteil haben seine Klubkollegen Jochen Hecht und Alexander Sulzer, die sich ebenfalls in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) fit hielten. Gleiches gilt für Marcel Goc (Florida Panthers) und Torhüter Thomas Greiss (San Jose Sharks). Im AHL-Team Toronto Marlies überbrückte Korbinian Holzer den Lockout und hofft nun auf den Sprung zu den Maple Leafs.

Los Angeles und Pittsburgh unter den Favoriten

Chancen auf den Stanley Cup rechnet sich von den Deutschen vor allem Seidenberg mit Boston aus. Doch die Favoriten sind andere: Titelverteidiger Los Angeles Kings und die Vancouver Canucks, die die Vorrunde im vergangenen Jahr als punktbestes Team abschlossen, werden im Westen wieder ganz vorne erwartet. Die Pittsburgh Penguins mit den Superstars Sidney Crosby und Jewgeni Malkin und die New York Rangers, die Torjäger Rick Nash ihrer ohnehin potenten Offensive hinzufügten, haben im Osten die vermeintlich besten Karten.

Mit dem Titel nichts zu tun haben wird Trainerdebütant Krueger. Seine Oilers, in der Vorsaison 29. der 30 Teams, haben jedoch in Nail Jakupow den Nummer-eins-Draft in ihren Reihen - und viele andere junge, hochtalentierte Spieler. "Die Kurve muss nach oben gehen", sagte der langjährige Schweizer Nationaltrainer. Darauf hoffen auch die Fans, die so lange warten mussten.

(sid)
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