MLB Bricht Chicago endlich den Fluch der Ziege?

Chicago · Seit 1908 warten die Chicago Cubs auf den Titel in der Baseball-Profiliga. Diesmal spricht Vieles dafür, dass auch der Fluch der Ziege endlich gebrochen wird.

 Der Einzug ins Halbfinale wurde feucht-fröhlich gefeiert.

Der Einzug ins Halbfinale wurde feucht-fröhlich gefeiert.

Foto: dpa, jgm jma

Vielleicht wäre alles schon ganz anders gekommen, hätte Billy Sianis am 6. Oktober 1945 seine Ziege zu Hause gelassen. So aber störten sich die Sitznachbarn im Wrigley Field von Chicago am Geruch des Tieres, und Siamis wurde während des vierten Spiels der World Series zwischen den Cubs und den Detroit Tigers aus dem Stadion geworfen. Das sollte sich rächen. "Die Cubs werden nie mehr gewinnen", rief Sianis, der Besitzer der Kneipe "Billy Goat Tavern", erbost.

Und so geschah es. Seit dem 6. Oktober 1945 leben und leiden die Cubs unter "The Curse of the Billy Goat", dem Fluch von Billys Ziege. Die "jungen Bären" verloren damals das vierte Spiel und schließlich mit 3:4 auch die Serie "best of seven" um den Titel in der Major League Baseball (MLB); sie haben seitdem die World Series nie mehr erreicht. Seit 1908 sind sie deshalb ohne Titel. Länger ist keine Profimannschaft in Nordamerika erfolglos geblieben.

Nun aber geschehen erstaunliche Dinge. Wie im Vorjahr, als sie freilich in vier Spielen von den New York Mets abgekocht wurden, stehen die Cubs im Halbfinale der Play-offs. Die jahrelang als "lovable losers", als die liebenswerten Verlierer belächelten "Cubbies" waren als großer Favorit auf die World Series in diese Spielzeit gestartet, sie waren die beste Mannschaft während der 162 regulären Saisonspiele, im Viertelfinale räumten sie die San Francisco Giants eindrucksvoll aus dem Weg.

Made for October

Seit jenen denkwürdigen Tagen im Oktober 1945 haben die Cubs nicht mehr in den Endspielen gestanden. Aber, oh Wunder, selbst der Fluch der Ziege oder die Erinnerung an Steve Bartman, einen Fan, der 2003 das entscheidenden Spiel zum Einzug in die World Series sabotierte, weil er einem Cubs-Spieler einfach den Ball wegfing, nein, all diese Ausreden und Missgeschicke sind kein Thema mehr. Stattdessen trägt die Mannschaft T-Shirts mit dem Aufdruck: "Made for October", gemacht für Oktober.

In Chicago sind die Cubs Gesprächsthema Nummer eins. Die Stadt, vor allem der "Wrigleyville" genannte Stadtteil, in dessen Mitte das altehrwürdige Ballpark liegt, vibriert. Wenn es in diesem Jahr nicht klappt, wann dann? Bislang ist die junge Mannschaft beängstigend gut mit dem Erwartungsdruck umgegangen, es ist ihr gelungen, sich davon beflügeln zu lassen. "Yeah", versichert Joe Maddon, der pfiffige Manager, wie der Coach im Baseball genannt wird, "wir lieben es!".

Die Kehrtwende bei den Cubs hatte 2012 begonnen. Besitzer Tom Ricketts warb General Manager Theo Epstein von den Boston Red Sox ab - und der krempelte den Klub um. Epstein gab alte und teure Stars ab und füllte zunächst die Farmteams mit Talenten auf. Die Cubs nahmen einen Absturz in Kauf, um in der Zukunft Erfolg haben zu können. In der vergangenen Saison begannen sie, die Jungen konsequent einzusetzen, dazu wurde die Mannschaft punktuell verstärkt, vor allem durch erfahrene Werfer.

Die Cubs haben mittlerweile so viele gute junge Spieler wie die herausragenden Schlagmänner Kris Bryant oder Anthony Rizzo, dass sie beim All-Star-Game praktisch die komplette Auswahl des Teams der National League stellten. Und sie geben nie auf. Gegen die Giants, Champions von 2010, 2012 und 2014, holten sie im letzten Spielabschnitt des schließlich entscheidenden Spiels drei Punkte Rückstand auf. "Das gefährlichste Team ist noch mal ein bisschen gefährlicher geworden", staunte Sports Illustrated.

Im Halbfinale spielen die Cubs gegen die Los Angeles Dodgers, eindeutig im Schatten dieses Aufeinandertreffens steht das Duell nach dem Modus "best of seven" zwischen den Toronto Blue Jays und den Cleveland Indians. Nicht mal der Fluch der Ziege soll die Cubs aufhalten. Den hatte Sianis schon 1969 für beendet erklärt, sein Neffe Sam, Eigentümer der noch immer existierenden Kneipe, bestätigte dies 1984 - nachdem er mit einer Ziege ins Wrigley Field gedurft hatte, um die bösen Geister zu vertreiben.

Aber geholfen hat es nichts. Bis heute. Vielleicht auch, weil Sam Sianis behauptet: Erst, wenn Ziegen grundsätzlich im Wrigley Field erlaubt werden, könne der Bann gebrochen werden.

(sid)
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