Interview mit Dennis Schröder "Ich möchte das Aushängeschild des deutschen Basketballs sein"

Detroit · Dennis Schröder ist der beste Spieler der Atlanta Hawks – doch für sein Team läuft es in der NBA alles andere als rund. In den ersten Spielen hagelte es Niederlagen, so auch am Freitag in Detroit. Im Interview mit unserer Redaktion spricht der deutsche Nationalspieler über die schwierige Saison, die Entwicklung der Nationalmannschaft und seinen Kampf für mehr Respekt.

Dennis Schröder NBA: Das ist der Basketballer
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Das ist Dennis Schröder

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Foto: dpa/Soeren Stache

Noch vor zwei Jahren waren die Hawks eines der besten Teams der NBA. Diese Saison hagelt es bislang Niederlagen. Wie gehen Sie damit um?

Schröder Es ist ein Prozess. Im Sommer haben wir unsere erfahrenen Spieler abgegeben, jetzt sind wir sind ein sehr junges Team, das sich im Neuaufbau befindet. Diese Saison müssen wir jeden Abend richtig hart arbeiten. Wenn wir das nicht tun, gewinnen wir keine Spiele. Aber es ist immer noch früh in der Saison, alles ist drin.

Was ist der größte Unterschied zu den erfolgreichen Vorjahren?

Schröder Der Abgang von Paul Millsap schmerzt uns schon sehr. Er war immer derjenige, der uns Punkte gegeben hat, wenn wir sie brauchten. Er fehlt uns. Jetzt sind halt die Jüngeren gefordert, wir wachsen als Team jedes Spiel mehr zusammen.

Sie selbst sollen der neue Anführer dieses Teams sein. Was fehlt Ihrer Mannschaft noch?

Schröder Ich bin jetzt der Typ, der vorangehen muss, der es den Jüngeren vormachen soll. Die ersten Spiele zeigen klar: Es fehlt nicht viel, aber wir müssen zwei, drei Dinge anders machen, konstanter, konzentrierter spielen und die ganze Sache etwas ernster nehmen.

Bei der Europameisterschaft im September haben Sie das deutsche Team überraschend bis ins Viertelfinale geführt. War das für Sie auch eine Art Reifeprüfung für die neue NBA-Saison?

Schröder Bei der EM wird zwar auf hohem Niveau gespielt, aber die NBA ist halt die beste Liga der Welt. Da als Anführer zu spielen, ist nochmal etwas ganz anderes. Trotzdem war es eine gute Trainingsmöglichkeit in Sachen Teamführung, die mich auch definitiv vorangebracht hat.

Bei der EM waren Sie nicht der einzige NBA-Profi im deutschen Team. Wie sehen Sie die Zukunft des deutschen Basketballs?

Schröder Wir haben jetzt fünf Deutsche in der NBA, es geht wirklich nach vorne. Viele Scouts hier fragen mich über die jungen Spieler in Deutschland aus. Das ist ein Zeichen, dass der deutsche Basketball in die richtige Richtung wächst. Meine Familie, ein paar Freunde und ich wollen den deutschen Basketball im Marketing unterstützen und nach vorne bringen. Mit so vielen deutschen NBA-Spielern wie nie zuvor, ist es die richtige Zeit dafür.

Ihr Braunschweiger Kumpel Daniel Theis gehört zu den deutschen Neulingen in der NBA. Gerade haben Sie zum ersten Mal mit Atlanta gegen seine Boston Celtics gespielt.

Schröder Ja, das war der Wahnsinn. Wir haben früher beide davon geträumt, in der NBA zu spielen. Das wir es beide schaffen, hätten wir nie geglaubt. Es ist echt bewundernswert, wie Daniel sich in diesem Top-Team durchsetzt und in seinem ersten Jahr auf seine Minuten kommt. Ich hoffe, wir spielen eines Tages nicht mehr nur gegeneinander, sondern auch mal im selben Team.

Verfolgen Sie, was Theis und die anderen Deutschen in der Liga abliefern?

Schröder Klar, vor allem Daniel habe ich immer im Auge. Ich schaue nach jedem seiner Spiele auf die Statistiken und verfolge, was er abliefert.

Dirk Nowitzki hat Basketball in Deutschland geprägt wie niemand vor ihm. Können Sie ihm nachfolgen?

Schröder Ich will natürlich diesen Schritt machen und der beste deutsche Basketballer sein. Aber Dirk Nowitzki ist eine ganz andere Person. Er hat eine wahnsinnige Karriere hingelegt und eine Meisterschaft gewonnen. Wenn er in ein, zwei Jahren aufhört, möchte ich natürlich das Aushängeschild des deutschen Basketballs sein, ein Vorbild für alle deutschen Basketballer. Deshalb spiele ich für die Nationalmannschaft.

In der Öffentlichkeit gibt es um Sie trotzdem immer wieder Aufregung. Zuletzt wurden Sie kurzzeitig festgenommen, in der Nationalmannschaft haben Sie Extrawünsche für Ihren Einsatz gefordert. Was lernen Sie aus solchen Vorfällen?

Schröder Wenn es gut läuft, feiern dich alle, wenn man Fehler macht, lässt man dich schnell fallen. Ich habe gelernt, mich von öffentlicher Aufregung nicht beeinflussen zu lassen und mich auf mich zu konzentrieren. Für mich ist es wichtig, dass ich den Respekt bekomme, den ich verdiene – das gilt auch für die Nationalmannschaft. Darüber habe ich mit den Verantwortlichen gesprochen und dann ist auch alles problemlos gelaufen. Ich habe letztlich das bekommen, was andere Nationalspieler vor mir auch schon bekommen haben. Nur haben die nicht öffentlich drüber gesprochen.

Sie betonen immer wieder Respekt. Jüngst haben Sie den Entwickler eines Computerspiels angegriffen, weil der Sie zu schwach bewertet habe.

Schröder Ich will einfach nur fair behandelt werden. Wenn ich sehe, dass Spieler wie Lonzo Ball oder Markelle Fultz, die von der Universität in die NBA kommen und noch kein einziges Spiel gemacht haben, bessere Bewertungen bekommen, dann finde ich das respektlos.

Sie sagten, dann spielen Sie an der Konsole statt Basketball lieber Fußball. Mit welchem Team?

Schröder Ich mag es, mit Manchester United, Chelsea oder Bayern München zu spielen.

(cbo)
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