NBA Nowitzki und Nash — Ziemlich beste Freunde am Scheideweg

Dirk Nowitzki steht mit Dallas in den Play-offs und hat noch einige Jahre auf Top-Niveau in der NBA vor sich. Indes steht sein Ex-Teamkamerad und bester Freund Steve Nash vor dem Karriereende.

 Seit dem Jahr 2004 tragen die beiden Freunde Nowitzki und Nash nicht mehr das gleiche Trikot.

Seit dem Jahr 2004 tragen die beiden Freunde Nowitzki und Nash nicht mehr das gleiche Trikot.

Foto: AP, AP

Ihre gemeinsamen Startnachteile zogen sie zueinander hin, damals, 1998 in Dallas. Dass aus den Teamkameraden Dirk Nowitzki und Steve Nash schnell beste Freunde wurden, lag daran, dass sie anders waren, fremd, isoliert. Aber nicht nur aus Langeweile oder Frust legten der dünne Deutsche und der kleine Kanadier immer mehr Extraschichten ein, sondern auch, um sich für den Kampf gegen die Wahrscheinlichkeiten zu rüsten.

Pioniere in eigener Sache und für die Internationalisierung

Denn es war tatsächlich kaum vorstellbar, dass sich einer dieser beiden zum Superstar entwickeln würde — geschweige denn beide. Schon ganz andere waren in der NBA gescheitert, der besten Basketball-Liga der Welt. Dominiert damals wie heute und schon seit Jahrzehnten von athletischen Afroamerikanern aus New York City, Los Angeles, Baltimore. Muskulöse 2-Meter-Männer, die auch auf dem Football-Feld niemand fürchten müssten, oft mit schwerer Kindheit und klingenden Namen wie Shaquille O'Neal, Kobe Bryant, LeBron James.

Nash und Nowitzki haben frischen Wind in diese Liga gebracht, sie geöffnet für Talente aus Europa, Afrika und Asien. Indem sie bewiesen, dass auch Nicht-Amerikaner nach der üblichen Eingewöhnungsphase auf höchstem Niveau spielen können. Nowitzki tut das seit 16, Nash sogar seit 18 Saisons. In jeweils 82 Spielen pro Jahr, Play-off-Partien noch nicht mitgerechnet, jedes voller Rangeleien, Sprünge und Sprints. Im Basketball ist jeder Spieler Verteidiger und Angreifer zugleich, spätestens alle 24 Sekunden wechselt der Ballbesitz, so will es das Regelwerk. Das geht auf Lunge und Gelenke.

Hinzu kommt der Reisestress, dutzende Langstreckenflüge quer durch die USA und nicht enden wollende Busfahrten, zwischendurch Eisbäder und Eisenstemmen im Kraftraum, Wurftraining und Videostudium der nächsten Gegner. Und an jeder Ecke wartet die Versuchung — in Form von Groupies, Fast Food, hanebüchenen Investment-Tipps für die Millionengehälter. Die Mehrheit der Spieler hält all dem nicht lange stand.

Unterschiede werden immer deutlicher

Das Duo Nowitzki/Nash aber zeigte auf und neben dem Platz Konstanz, Intelligenz — und Härte gegen sich selbst. Nash richtete sich einmal noch auf dem Spielfeld die blutige gebrochene Nase, Nowitzki geht seiner Arbeit regelmäßig mit lädierten Knöcheln nach. Kanadische und deutsche Tugenden in Reinform. Das alles hätte bei den so Statistik-verrückten wie skeptischen amerikanischen Sportfans freilich nichts genutzt, hätten sie nicht auch beeindruckende Zahlen vorzuweisen. Dank eines schönen Zufalls haben Nowitzki und Nash am vergangenen Dienstagabend zwar 1100 Kilometer voneinander entfernt, aber nahezu zeitgleich ganz besondere Meilensteine erreicht:

Der begnadete Schütze Dirk Nowitzki erzielte seinen 26.714. Punkt und ist damit in den Top Ten der ewigen Scorer-Liste der NBA. Spielmacher Nash bereitete derweil zum 10.335. Mal den Korb eines Teamkameraden vor — das bedeutet Rang drei auf der ewigen "Assist"-Liste.

Gemeinsam haben sie sich die beiden den Respekt von Fans, Journalisten, Trainern, Mit- und Gegenspielern erarbeitet, gemeinsam werden sie in einigen Jahren auch in der "Hall of Fame", die Ruhmeshalle der besten Basketballer gewürdigt werden, das ist schon lange klar. Aber in den vergangenen Jahren sind vor allem die Unterschiede zwischen Nash und Nowitzki ins Auge gefallen. Nash ist 40 Jahre alt, der älteste aktive Profi der Liga und einer der ältesten, die überhaupt jemals spielten. Nowitzki hingegen ist "erst" 35.

Der Kanadier ist noch ohne Titel

Nashs Körper streikt nicht nur, er rebelliert und meutert. Knochen, Muskeln, Nerven — dauernd bricht oder reißt etwas im Knie oder Rücken. Nowitzki hatte mehr Glück. Er war fast nie verletzt, und wenn doch, ließ das seine Glanztaten nur umso heller strahlen. Als er sein Team 2011 zur ersehnten Meisterschaft führte, spielte er in der Finalserie mit einer gerissenen Sehne im Finger, eine Partie absolvierte er mit 39 Grad Fieber. 2012 und 2013 machte sein Knie Ärger, doch in dieser Saison spielt er wieder so effizient wie in seinen besten Jahren.

Deswegen wird er auch noch "ein paar Jährchen" spielen, natürlich in Dallas, seinem ersten und einzigen Verein außerhalb seiner Heimat Würzburg. Nash war von dort weitergezogen. 2004 nach Phoenix, und mehrmals knapp am Finaleinzug gescheitert. 2012 wechselte er schließlich zur Großmacht L.A. Lakers, um im Karriere-Spätherbst mit deren Starensemble den ersehnten Titel zu holen. Seine eigene Verletzungen und die von Top-Star Kobe Bryant verhinderten das. Nur in 15 Spielen lief Nash in dieser Saison überhaupt auf. Falls die nächste Saison nicht seine letzte wird, dann war es die jetzt ablaufende. Die Ziellinie ist nahe, deshalb hat Nash auch den leisen, weisen Film so betitelt, indem er seinen Kampf gegen den eigenen Körper dokumentiert.

Am Samstag beginnen die NBA-Play-offs. Ohne Nash. Nowitzkis Mavericks sind dabei, aber voraussichtlich nicht lange. Gegen die Topteams aus San Antonio oder Oklahoma City haben sie nur Außenseiterchancen.

Der Frust wird bald dem Stolz weichen

Sehr bald wird auch Nowitzki unfreiwilligen Sommerurlaub haben. Dann wird er seinen alten Kumpel Steve anrufen oder mit ihm ein Bierchen am Grill trinken. Und dann wird der Frust über die Gegenwart langsam, aber sicher dem Stolz darauf weichen, was sie erreicht haben. Als Menschen, Ehemänner und Väter, als Vorbilder.

Und darauf, dass sie sich gegenseitig dazu getriezt haben, in den Kreis der besten Basketballer der Geschichte vorzustoßen — der dünne Deutsche und der kleine Kanadier, auf ihre Art und gegen jede Wahrscheinlichkeit.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort